Dr. Verena Löffler mit dem Dombret-Promotionspreis 2024 ausgezeichnet
Am 20. November 2024 wurde an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Dr. Andreas Dombret-Promotionspreis für das Jahr 2024 vergeben. Prof. Andreas Dombret würdigte die „Summa cum laude-Dissertation“ von Dr. Verena Löffler am Institut für Ökonomische Bildung von Prof. Dr. Christian Müller für die herausragende Verbindung von theoretischem Wissen und konkreter Anwendung in der wirtschaftlichen und wirtschaftspolitischen Praxis. Im Rahmen ihrer kumulativen Arbeit untersuchte sie in drei allein-verfassten Forschungsartikeln bislang vernachlässigte Nebeneffekte des Bedingungslosen Grundeinkommens und des Themenkomplexes Care-Arbeit. Mit Hilfe eines selbst entwickelten neoklassischen Arbeitsangebotsmodell und einer quantitativen ökonometrischen Fallstudie argumentiert Dr. Löffler, dass ein interdisziplinärer von der Wirtschaftstheorie geprägter Ansatz zur Analyse sozialpolitischer Maßnahmen die derzeitige Literatur erweitert und Einfluss auf eine effektive Politikgestaltung in die Praxis nehmen kann.
Im ersten Artikel analysiert Verena Löffler Umsetzbarkeit und Gerechtigkeit eines Grundeinkommens unter Berücksichtigung von Migration. Zu diesem Zweck wird basierend auf neoklassischer Arbeitsangebots- und Migrationstheorie ein Modell entwickelt und gerechtigkeitstheoretisch diskutiert. Dabei wird erstmals formalisiert dargestellt, dass durch ein einkommensteuerfinanziertes Grundeinkommen induzierte Migrationsbewegungen sich negativ auf die Steuerbasis auswirken könnten. Darüber hinaus wird die Gerechtigkeit eines Grundeinkommens in Frage gestellt, da sich Lohn- und Beschäftigungseffekte negativ auf gering qualifizierte Bürger und Einwanderer auswirken könnten, wenn Migrationsbewegungen berücksichtigt werden.
Der zweite Artikel trägt mit einer detaillierten Fallstudie zur bisher spärlichen Diskussion über den Einfluss eines Grundeinkommens auf wohnungslose Personen bei. Die Gerechtigkeitsanalyse bezieht sich auf ein vom DIW Berlin als finanzierbar evaluiertes konkretes Grundeinkommenssystem. Dabei werden bestehende empirische und theoretische Erkenntnisse zur Lebenslage wohnungsloser Personen auf das Fallbeispiel Deutschland angewendet. Damit erweitert der Artikel auch die Debatte um die Gestaltung moderner Wohlfahrtsstaaten.
Der dritte Artikel umfasst eine ökonometrische Studie zu den Auswirkungen von Löhnen in der Kinderbetreuung auf die Zeit, die Eltern ihre Kinder betreuen lassen, die Eltern ihre Kinder selbst betreuen und die Eltern einer formalen Erwerbsarbeit nachgehen. Die Studie ist die erste, die zwischen diesen Variablen einen Zusammenhang herstellt. Infolgedessen liefert die Untersuchung den politischen Entscheidungsträgern wertvolle Erkenntnisse über etwaige unbeabsichtigte Folgen von Lohnerhöhungen im Bereich der Kinderbetreuung. Des Weiteren wird eine mögliche Interdependenz zwischen Lohnerhöhungen und der individuellen Zeitallokation beleuchtet, wobei der Schwerpunkt der Diskussion auf den Auswirkungen auf geschlechtsspezifische Care- und Employment-Gaps liegt.
Zusammenfassend zeigt die Dissertation von Dr. Löffler, dass die wirtschaftswissenschaftliche Analyse aufschlussreich bezüglich potenzieller Auswirkungen von sozialpolitischen Maßnahmen sein kann, indem sie Reaktionen von Individuen und Haushalten simuliert und Verteilungsfolgen bewertet. Diese Erkenntnisse können zur Evaluation bezüglich Umsetzbarkeit und Effektivität der diskutierten Ideen herangezogen werden. Folglich betonen alle drei Artikel das ungenutzte akademische und praktische Potenzial interdisziplinärer Ansätze, das bisher in der zugrunde liegenden Literatur unterschätzt worden ist.
Links zu diesem Artikel:
Mehr über die Relevanz des Preises und seiner Verbindung zu Münster lesen Sie im Interview mit Prof. Dombret.
Informationen über die Preisträger:innen der Jahre 2007 bis 2024 sowie die Themen ihrer Arbeiten finden Sie hier.
Vor der Verleihung des Dombret-Promotionspreises nahm sich Prof. Andreas Dombret (2.v.r.) Zeit, um Fragen von Studierenden im Rahmen einer Diskussionsrunde mit Dekan Prof. Dr. Thomas Langer, Prof. Dr. Christoph Watrin und Prof. Dr. Christoph Schneider vom Finance Center Münster zu beantworten.