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Dekanat

"Vielfältig und effektiv – Angebote für Mitglieder organisieren"

34. Symposium "Perspektiven für Wohnungsgenossenschaften"
V.l.n.r.: Prof. Dr. Michael Pannen, Joachim Blätz, Prof. Dr. Theresia Theurl, Florian Ebrecht, Sonja Pauli, Ludger Hellkuhl, RA Alexander Rychter

Am 26. November 2019 fand das 34. Symposium „Perspektiven für Wohnungsgenossenschaften“ des Instituts für Genossenschaftswesen der Universität Münster statt, das wie gewohnt zusammen mit dem VdW Rheinland Westfalen veranstaltet wurde. Im Münsteraner Mövenpickhotel referierten Spitzenvertreter aus Wirtschaft und Wissenschaft vor fast 100 Teilnehmern über die organisatorischen Aufgaben, die zu bewältigen sind, um Leistungen für ihre Mitglieder zu erstellen.

Alexander Rychter, Verbandsdirektor des VdW Rheinland Westfalen e.V., eröffnete das Symposium und begrüßte die zahlreichen Teilnehmer in Münster. Er beleuchtete die Frage, wie Wohnungsgenossenschaften die vielen organisatorischen Aufgaben für ihre Mitglieder bewältigen können, welche größtenteils im Hintergrund ablaufen. Ebenso ging er auf politische Probleme ein. Dabei stufte er die in NRW gegebenen politischen Herausforderungen als vergleichsweise gering ein. So seien Wohnungsgenossenschaften in der Bundeshauptstadt Berlin mit wesentlich größeren Problemen konfrontiert. Anschließend stellte Rychter die darauffolgenden Referenten vor.

Im ersten Vortrag referierte Prof. Dr. Theresia Theurl, geschäftsführende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, zum Thema „Integration, Kooperation, Markt – Wie finden Wohnungsgenossenschaften die richtige Organisationsform?“. Zu Beginn ihres Vortrages ging Prof. Theurl auf die unterschiedlichen Institutionalisierungsformen von Unternehmenskooperationen, von Marktlösungen bis hin zu vollständigen Fusionen, ein. Diese Institutionalisierungsformen wurden anschließend auf die Aufgaben von Wohnungsgenossenschaften bezogen. So wurde zwischen den Aufgaben Bauen, Verwalten und Dienstleistungen unterschieden. Bezüglich des Bauens und Sanierens könnten Leistungen und Kompetenzen über den freien Markt bezogen werden, bei einer genossenschaftlichen Kooperation seien jedoch genauere Absprachen über Ziele, Verteilungen und Kosten notwendig. Eine vollständige Integration sei prinzipiell denkbar, bedürfe aber eines hinreichend hohen Volumens zur Auslastung. In der Verwaltung liege die wesentliche Herausforderung einer Kooperation in der genauen Definition der Verwaltungsleistungen und Verantwortungen. Bezüglich der Dienstleistungen habe eine genossenschaftliche Kooperation jedoch gegenüber einer vollständigen Integration den wesentlichen Vorteil eines geringeren Risikos und größerer Flexibilität. Weiterhin charakterisierte sie die mit der Digitalisierung verbundenen Herausforderungen als Querschnittsaufgabe, bei der es spezialisierter Lösungen je nach individuellen Bedürfnissen bedarf.

Joachim Blätz, Vorstand der Baugenossenschaft >Wiederaufbau eG< trug daraufhin zum Thema „Die veränderte Mieterkommunikation im digitalen Zeitalter – durch Transparenz und Dialog zu mehr Kundenzufriedenheit“ vor. Nach einer kurzen Vorstellung der Baugenossenschaft stellte er die Entwicklung der Mieterkommunikation über die Zeit dar. So wurden frühere externe Callcenter für schlechte Erreichbarkeit kritisiert, so dass diese wieder integriert wurden und nun einen deutlich verbesserten Kundenkontakt ermöglichen. Somit ordnete er die Digitalisierungsstrategie als Teilmenge der gesamten Unternehmensstrategie der >Wiederaufbau eG< ein. Beispielsweise sei es auch wichtig, die Kunden über soziale Medien wie Instagram zu erreichen. Eine eigens entworfene App werde zwar genutzt, habe aber noch Ausbaupotential. Um die Frage, wie genau Kundenzufriedenheit gesteigert werden kann, präziser zu beantworten, bedürfe es jedoch größerer Datenmengen und einer bundesweiten Untersuchung. Ein einzelner Akteur könne dies laut Blätz nicht leisten. Allgemein erfordere die Digitalisierung jedoch Mut zur Veränderung seitens der Genossenschaften und klar definierte Erfolgsfaktoren.

Anschließend referierte Florian Ebrecht, Prokurist beim Spar- und Bauverein Dortmund eG, zum Thema „IT-Migration - Chancen, Risiken und Schwächen überdenken“. Mit einer Darstellung des immer schneller ablaufenden Wandels von Technologie, Wohnungs- und Arbeitswelt untermauerte er die Bedeutung des Themas. Allerdings befasse sich nur eine kleine Minderheit aller Immobilienunternehmen aktiv mit der Digitalisierung und damit verbundenen Einsatzmöglichkeiten. Der Spar- und Bauverein Dortmund eG arbeite hingegen gezielt an der Optimierung digitaler Möglichkeiten und habe dazu eigens eine spezielle Software eingeführt. Ebrecht empfahl insbesondere, das mit der neuen Software verbundene Potential zur Kundenneugewinnung zu nutzen. Weiterhin gab er einen Ausblick auf anstehende Herausforderungen der Digitalisierung. Vor allem sei es schwierig, einen passenden IT-Dienstleister zu finden, was wiederum an deren starker Auslastung liege. Aber auch die Sicherung der Kundenzufriedenheit mit neu eingesetzter Software und der Einbezug der Mitarbeiter in den Systemwechsel seien große Herausforderungen.

Im nächsten Vortrag behandelte Sonja Pauli aus dem Vorstand des Wohnungsvereins Herne eG das Thema „Wohnen im Alter – Vielfältige und menschliche Angebote machen“. Sie legte dar, dass Senioren zur größten Zielgruppe des Wohnungsvereinens gehören. Dementsprechend sei es wichtig, entsprechende Angebote für eine angenehme und altersgerechte Wohnsituation zu schaffen. Anschließend stellte sie einige dazu in die Wege geleitete Maßnahmen vor. Beispielsweise werden gezielt Aktionen mit Familien und Kindern organisiert. Ebenso werden diverse Feste oder Weihnachtsmarktbesuche veranstaltet. Um ehrenamtliche Helfer zu gewinnen, kooperiert der Wohnungsverein Herne eG auch eng mit Ehrenamtsvereinen. Weiterhin ging Pauli auf das Vorhandensein von Gästewohnungen ein, die einen Besuch der Senioren erleichtern sollen.

Anschließend referierte Ludger Hellkuhl, Vorstandsvorsitzender des Wohnungs-Verein Rheine eG, zum Thema „Regiebetrieb – Notwendiges Übel oder hilfreiches Instrument?“.  Er ging dabei auf Bau- bzw. Modernisierungstätigkeiten in Eigenregie ein. So beschäftigt der Verein zu diesem Zweck diverse Techniker, Handwerker und weitere Fachkräfte. Dies habe unter anderem den Vorteil, dass Instandhaltung schneller erfolge, was Kundenzufriedenheit und –bindung stärke. Auch schnelleres Handeln und pünktlichere Fertigstellungen seien so möglich. Durch die Vertrautheit der Handwerker mit den Wohnobjekten sei zudem eine frühere Mängelerkennung und bessere Qualität der Sanierungen gewährleistet. All dies führe gleichzeitig zu insgesamt günstigeren Bau- bzw. Sanierungskosten. Ebenso können Gewinne im Unternehmensverbund verbleiben. Demgegenüber stehen jedoch beispielsweise eine geringere Flexibilität in Krisenzeiten oder ein höherer Verwaltungsaufwand. Letztlich müsse daher ein angemessener Mittelweg zwischen einem Grundstamm an eigenen Mitarbeitern und Fremdvergaben gefunden werden.

Im letzten Vortrag des Tages behandelte Prof. Dr. Michael Pannen, Steuerberater vom VdW Rheinland Westfalen e.V., das Thema „Umstrukturierung, Ausgliederung, Finanzierung, Separierung: Wozu eine Tochtergesellschaft?“. Zuerst beleuchtete er dazu die Gründe für solche Ausgliederungen. Darunter können beispielsweise der Zuschnitt auf ein neues Geschäftsmodell, aber auch steuerliche oder haftungsrechtliche Gründe fallen. Ebenso ging er auf den einer Ausgliederung vorgelagerten Entscheidungsprozess ein. Dabei seien Faktoren wie die Analyse der steuerlichen und rechtlichen Konsequenzen, aber auch Personalübergang und Außenauftritt zu berücksichtigen. Ebenso wurden Beispiele für eine Risikoreduzierung oder die handelsrechtliche Aufdeckung stiller Reserven vorgestellt. Prof. Pannen zog letztlich das Fazit, dass zwar viele erfolgte Ausgliederungen sinnvoll sind, dies aber längst nicht immer der Fall ist.

Das 35. Symposium „Perspektiven für Wohnungsgenossenschaften“ wird am 18. März 2020 stattfinden.