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Dekanat

WIR FB4 – vier Fragen an Prof. Dr. Vitali Gretschko

Prof. Dr. Vitali Gretschko wurde zum Universitätsprofessor für das Fach Volkswirtschaftslehre mit dem Schwerpunkt Umwelt-, Ressourcen- oder Energieökonomik an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät ernannt. Er forscht zu Marktdesign, das sich unter anderem mit der Frage beschäftigt, wie Anreize für den Ausbau von Erneuerbaren Energien gestaltet werden können. Nach seinem Studium in Mathematik an der Universität Münster promovierte Vitali Gretschko im Bereich der Wirtschaftswissenschaften an der Universität zu Köln. Zuletzt war er als Professor für Marktdesign an der Universität Mannheim tätig und leitete den Forschungsbereich Marktdesign am ZEW – Leibniz Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung.

Wir möchten Prof. Gretschko ganz herzlich an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät willkommen heißen. Zum Start seiner Tätigkeit an der Universität Münster haben wir ihm vier Fragen gestellt.

Lieber Herr Prof. Gretschko, was hat Sie dazu bewogen, dem Ruf an unsere Fakultät zu folgen?

Die Entscheidung für die Universität Münster ist für mich nicht nur eine Rückkehr zu meinen akademischen Anfängen, da ich hier mein Mathematikstudium begonnen habe, sondern auch die Gelegenheit, in einem inspirierenden und forschungsstarken Umfeld zu arbeiten. Der Fachbereich zeichnet sich durch ein junges, dynamisches Forschungsumfeld in den Wirtschaftswissenschaften aus und ich schätze die Gelegenheit, mit herausragenden Kolleginnen und Kollegen zusammenzuarbeiten und von ihnen zu lernen. Die Universität Münster bietet zudem eine Vielzahl von weiteren Kooperationsmöglichkeiten außerhalb des Fachbereichs. Und nicht zuletzt wird meine Forschung im Bereich des nachhaltigen Marktdesigns durch die starke Nachhaltigkeitsstrategie der Universität erheblich bereichert.

Auf welchen Schwerpunkt konzentriert sich Ihre derzeitige Forschungsarbeit?

Ich forsche zu Marktdesign. Marktdesign ist ein Teilgebiet der Wirtschaftswissenschaften, das sich damit beschäftigt, wie Märkte organisiert werden können, um bestimmte Ziele zu erreichen. Sie können es sich wie ein „Architektenbüro“ für Märkte vorstellen. Es formt die Regeln und Strukturen, die sicherstellen, dass Anbieter und Nachfrager ihre Ziele erreichen und dass der Markt wie gesellschaftlich gewünscht funktioniert. Die Prinzipien des Marktdesigns stammen aus der Spiel- und der Auktionstheorie und bieten Lösungen für komplexe wirtschaftliche Herausforderungen. Ein interessantes Beispiel ist die Gestaltung des Energiemarktes der Zukunft. Wie können Anreize für den Ausbau von Erneuerbaren Energien geschaffen werden und wie integriert man diese möglichst effizient in den Markt? Ein weiteres Beispiel ist die Allokation von Werbeplätzen im Internet. Unternehmen bieten in Echtzeit auf Werbeplätze, die in Millisekunden vergeben werden. Dieser hochdynamische Markt basiert auf den Prinzipien des Marktdesigns und der Auktionstheorie, um sicherzustellen, dass die Werbeanzeigen zum richtigen Preis an die richtigen Werbetreibenden verkauft werden.

Wie wird sich Ihr Lehrstuhl hinsichtlich der Lehre zukünftig aufstellen? Auf welche Kursangebote dürfen sich unsere Studierenden freuen?

Unser Lehrstuhl wird sich zukünftig als eine wichtige Anlaufstelle für den Bereich Marktdesign mit einem besonderen Augenmerk auf Umweltökonomik positionieren. Die Kernidee ist, den Studierenden beizubringen, wie sie konzeptionell über das Zusammenspiel von Umwelt und Wirtschaft nachdenken und welche Methoden zur Gestaltung einer nachhaltigen Wirtschaft eingesetzt werden können. Dabei spannt sich der Bogen von groß angelegten volkswirtschaftlichen Projekten, wie der Energiewende, bis hin zu spezifischen unternehmerischen Ansätzen zur Erreichung eines Netto-Null CO2-Ausstoßes. Aber unsere Methodik geht weit über Nachhaltigkeitsthemen hinaus. Marktdesign kann überall dort eingesetzt werden, wo es darum geht, Regeln zur Verteilung knapper Ressourcen zu gestalten – sei es in der öffentlichen Beschaffung, bei der Entwicklung digitaler Plattformen oder bei großen M&A-Transaktionen. Ich bin überzeugt, dass unsere Kurse eine breite Palette von Studierenden ansprechen werden, von Volkswirt*innen über Betriebswirt*innen bis hin zu Wirtschaftsinformatiker*innen.

Wodurch zeichnet sich Ihrer Ansicht nach gute Lehre aus?

Gute Lehre in der VWL hat ein zentrales Ziel: den Studierenden das ökonomische Denken beizubringen. Es handelt sich dabei um eine abstrakte und doch präzise Form des kritischen Denkens, die es ermöglicht, eine Vielzahl realer wirtschaftlicher Herausforderungen zu analysieren. Hierbei lege ich besonderen Wert darauf, die Studierenden in die Modellkonstruktion einzuführen. Modelle strukturieren reale Herausforderungen und bieten Ansatzpunkte für Lösungsstrategien. Das Herzstück des ökonomischen Ansatzes liegt im Verständnis von Anreizen, menschlichem Verhalten und Gleichgewichten. Die tiefgreifende Analyse erfasst nicht nur die direkten Auswirkungen einer Änderung eines Systems, sondern auch sekundäre Verhaltens- und Gleichgewichtseffekte. Es geht darum, ein ausgewogenes Verständnis von den Vor- und Nachteilen einzelner Maßnahmen zu gewinnen. Schließlich spielt Begeisterung eine Schlüsselrolle. Die Zeit im Vorlesungssaal ist begrenzt. Daher sollte gute Lehre den Wissensdurst der Studierenden befördern, der sie zu einem weiteren selbstständigen Studium motiviert.

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Ein Vorstellungsvideo von Prof. Dr. Vitali Gretschko finden Sie hier.