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BITKOM-Präsident Prof. Kempf spricht vor der Cebit bei der Mitgliederversammlung der Forschungsgesellschaft für Genossenschaftswesen in Münster

„Vom Grundsatz der Datensparsamkeit zu Big Data Analytics – Wo bleiben Datenschutz und Datensicherheit?“

[13. März 2015, 9:30-11:00 Uhr, WGZ Bank, Niederlassung Münster] Den Inhalt des diesjährigen Vortrages vor der Mitgliederversammlung der Forschungsgesellschaft für Genossenschaftswesen Münster e.V. bildeten der Umgang und die Nutzung von Daten durch staatliche Behörden und private Unternehmen. Damit knüpfte die Veranstaltung an die aktuelle gesellschaftliche Diskussion an, welche Daten ein Staat über seine Bürger oder ein Unternehmen über seine Kunden sammeln oder gar verwenden darf. Diese anhaltende Diskussion erhielt zusätzliche Impulse durch die Enthüllungen Edward Snowdens, der die mit der zunehmenden Digitalisierung der Gesellschaft einhergehenden Gefahren des Schutzes privater Daten offenlegte.

Zu Beginn der Veranstaltung in der Münsteraner Niederlassung der WGZ Bank begrüßten Prof. Dr. Theresia Theurl, Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen, sowie Werner Böhnke, Vorsitzender des Aufsichtsrats der WGZ Bank AG und zugleich Präsident des Förderrats der Forschungsgesellschaft für Genossenschaftswesen Münster, eine große Anzahl an interessierten Zuhörern, des Vortrags von Prof. Dieter Kempf, dem Vorstandsvorsitzenden der DATEV eG und Präsidenten des BITKOM.

Dieser erläuterte zuerst die rechtliche Grundlage zur Erhebung und Verwendung von Daten durch den Staat in Deutschland. Diesen seien enge Grenzen gesetzt, da in Deutschland das Gebot der Datensparsamkeit gelte. Jedoch machte Prof. Kempf auch deutlich, dass dieser Grundsatz vor dem Hintergrund des positiven Beitrags solcher Daten bspw. zur Verbrechensbekämpfung und einer sich wandelnden digitalen Umwelt ständig neu hinterfragt werden muss.

Grund für die sich wandelnde digitale Umwelt ist die in den letzten Jahren enorm angestiegene verfügbare Datenmenge. Immer mehr Menschen vernetzen sich über soziale Netzwerke und tragen mit der Nutzung mobiler Endgeräte zu einer Erhöhung des Datenvolumens bei. Aber auch darüber hinaus nutzen Unternehmen zunehmend Clouds und ähnliche Formen der IT-Vernetzung, die ein nahezu exponentielles Wachstum der Datenvolumen beförderten. Der in Zukunft weiter zunehmende Datenverkehr in wichtigen Bereichen, wie beispielsweise der Energieversorgung oder dem Gesundheitswesen, trägt zusätzlich dazu bei. In zunehmendem Maße werden intelligente Netze auf- und ausgebaut, um aus der Menge der vorhandenen Daten wirtschaftlich vorteilhafte Entwicklungen zu fördern. Prof. Kempf zeigte beispielhaft an diesen beiden Sektoren, dass die Schaffung einer IT-Infrastruktur Voraussetzung ist, um Kosten dauerhaft gering zu halten und die zunehmende Komplexität der Datenmengen zu managen. Dies gilt für den privaten Sektor in gleichem Maße wie für den Staat. Auch bei diesem entstehen durch die Vernetzung der Behörden Einsparungspotentiale.

Die Bedeutung der hohen Datenmengen und ihre Verwendung liegen in der privaten Wirtschaft zumeist in der Generierung von Wissen über Kundenwünsche oder sich anbahnende Trends. Ein ähnlicher Hintergrund ist auf Seiten des Staates nur bedingt festzustellen, da der Grundsatz der Datensparsamkeit und Datenschutzvorschriften die Auswertung von Datensätzen oftmals erschweren. Daten dürfen meist nur in jenen Fällen gesammelt und verwendet werden, für die eine gesetzliche Grundlage diese in einen expliziten Zusammenhang mit dem Zweck der Datenerhebung formuliert. Nach Prof. Kempf muss hier in Zukunft neu überlegt werden, wie eine effiziente staatliche Nutzung von Daten umgesetzt werden kann, damit insbesondere in der Strafverfolgung dem Staat nicht die Hände gebunden seien. Im schlimmsten Falle könne ein Festhalten am eng gefassten Prinzip der Datensparsamkeit zu einem „Täterschutz“ führen, erläuterte Prof. Kempf am Beispiel von LKW-Maut-Daten. Diese ließen sich z.B. auch wirkungsvoll für die Verfolgung von Straftaten einsetzen, dürfen aus Gründen des Datenschutzes aber nicht genutzt werden.

Abschließend, so das Fazit von Prof. Kempf,  sollte man in Deutschland vom bisher handlungsleitenden  Prinzip der Datensparsamkeit abgehen und zu einem Prinzip des opportunen Datenreichtums übergehen, da Lösungsansätze verfügbar sind, um Daten zu verarbeiten und zu verwenden, ohne die Privatsphäre der Bürger zu verletzen und dabei die informationelle Selbstbestimmung zu beachten.

Zur Person:

Professor Dieter Kempf studierte Betriebswirtschaftslehre an der Ludwig-Maximilians-Universität in München und absolvierte danach seine Prüfung zum Steuerberater. Nach einer Tätigkeit bei der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Ernst&Young wurde er 1991 Vorstandmitglied der Datev, deren Vorstandsvorsitzender er seit 1996 ist. 2005 wurde er zum Honorarprofessor der Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg ernannt. Im Jahr 2011 wurde er zum Präsidenten des Branchenverbandes BITKOM gewählt.