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Universal-Filme kommen schneller ins Heimkino

Prof. Thorsten Hennig-Thurau zur Vereinbarung zwischen Universal und AMC

Filme der Universal Studios dürfen zukünftig in den USA schon weniger als drei Wochen nach dem Kinostart als Stream angeboten werden. Darauf haben sich die weltweit größte Kinokette AMC Theaters und Universal geeinigt. Lag die Frist bislang bei 75-90 Tagen, so sieht die aktuelle Vereinbarung vor, dass Kinofilme fortan bereits nach 17 Tagen im Heimkino zu sehen sein können, wenn das Studio dies für sinnvoll hält; die AMC-Kinos werden im Gegenzug an den Streaming-Einnahmen beteiligt. Zudem kündigten beide Unternehmen Gespräche über vergleichbare Vereinbarungen für europäische Kinos an, die zu AMC gehören. In Deutschland zählen hierzu die Kinos der Odeon & UCI Cinemas Group. UCI-Kinos gibt es deutschlandweit an 24 Standorten. Käme es zu einer ähnlichen Vereinbarung, so könnten diese für Kinobetreiber, die aktuell auch in Deutschland mit den Folgen der Corona-Pandemie kämpfen, spürbare Auswirkungen haben. Aufgrund der Abstandsregelungen können Kinobetreiber ihre Kapazitäten derzeit nur in begrenztem Maße nutzen. Filmstarts, die Zuschauerinnen und Zuschauer in die Kinos locken sollten, wurden vielfach verschoben.

Laut einer Studie des Marktforschungsinstituts GfK zahlten deutsche Kinobesucherinnen und Besucher im vergangenen Herbst knapp 9 Euro für ein Ticket an der Kinokasse, an Wochenenden liegt der Eintrittspreis inklusive Zuschläge bei bis zu 20 Euro. Ein zentraler Grund für Besucherinnen und Besucher, diese Beträge zu zahlen, ist die Sperrfrist der Filme zwischen Kino- und Home Entertainment-Start. „Das sogenannte 'Kinofenster' ist seit nunmehr fast 20 Jahren, als die Umsätze durch DVDs zur relevanten Größe in den Kalkulationen der Filmstudios wurden, einer der größten Streitpunkte der Filmindustrie, und zwar in Deutschland genauso wie in Nordamerika“, erklärt Prof. Thorsten Hennig-Thurau, Inhaber des Lehrstuhls für Marketing und Medien am Marketing Center Münster, in einem aktuellen Interview. Eben diese Exklusivität gerate nun durch die Vereinbarung der AMC Theaters und den Universal Studios in den USA in Gefahr.

Aufgrund einer gesetzlichen Regelung ist eine ähnliche Vereinbarung in Deutschland nur für Filme denkbar, die nicht von der Filmförderungsanstalt FFA unterstützt werden, da diese grundsätzlich erst nach Ablauf von sechs Monaten außerhalb des Kinosaals gezeigt werden dürfen. Amerikanische Großproduktionen – die sogenannten Blockbuster – zählen jedoch in der Regel nicht zu den geförderten Filmen. „Die Verlierer wären dann - wieder einmal - die deutschen Produzenten, denn deren Filme wären von einer solchen Regelung wegen des Filmförderungsgesetzes ausgeschlossen. Während also dann die amerikanischen Kollegen und deren deutsche Dependenzen ihre Ausgaben durch frühe digitale Verkäufe oder durchs Streaming bei Netflix oder Amazon kurz nach dem Kinostart zumindest teilweise wieder hereinholen könnten, bliebe den Deutschen nur das Warten“, so Prof. Hennig-Thurau.

Kinobetreiber werden in Zukunft vor der Herausforderung stehen, sich trotz kürzerer Exklusivfenster im Wettbewerb mit Streaminganbietern behaupten zu müssen. Sie hätten sich selbst durch jahrelange strategische Passivität in die schwierige Situation manövriert, die nun durch die Pandemie-bedingte Krise verschärft wird, sagt der Münsteraner Medienökonom. „Das Hauptproblem der Kinos: Sie haben eben nicht nur ihre Lieferanten in Gestalt der Filmstudios gegen sich, wenn sie auf Gedeih und Verderb an der Sperrfrist festhalten - sondern auch viele Zuschauer", so Prof. Hennig-Thurau. „Geschäftsmodelle, die sich auf Basis von Macht und Lobbyismus gegen die Zuschauerinteressen stellen, haben noch nie besonders gut funktioniert in der Wirtschaftsgeschichte, da irgendwann immer Anbieter einen Weg finden, die Wünsche des Kunden zu bedienen. Das war erst das illegale Napster, dann zwanzig Jahre später das legale Netflix.“