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Es kostet nicht die Welt die Erde zu retten? Ein ökonomischer Blick auf den Klimawandel

Einen ökonomischen Blick auf den Klimawandel warf Prof. Dr. Andreas Löschel gemeinsam mit den Mitgliedern und Gästen der Forschungsgesellschaft für Genossenschaftswesen Münster e.V. im Rahmen des diesjährigen Gastvortrags vor der Mitgliederversammlung. Der Vorsitzende der Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“ der Bundesregierung und Inhaber des Lehrstuhls für Mikroökonomik, insbesondere Energie- und Ressourcenökonomik der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster nahm direkten Bezug auf die Kernbotschaft des letzten Klimaberichts. Dabei mahnte er, die Aussage „Es kostet nicht die Welt, die Erde zu retten“ sei letztlich jedoch nur haltbar, wenn auch entsprechend der dortigen Annahmen gehandelt würde. Anderenfalls sei der Satz mit einem großen Fragezeichen zu versehen.

Der seit Langem bekannte Treibhauseffekt, der insbesondere durch Kohlendioxid begünstigt wird und zu einer Erderwärmung führt, sei mit plus einem Grad Celsius der Durchschnittstemperatur gegenüber der vorindustriellen Zeit messbar und in seinen Folgen mittlerweile sichtbar. Positiven Ausnahmen wie des Rotweinanbaus in der Pfalz stünden hier zahlreiche Schlüsselrisiken der Erderwärmung gegenüber, u.a. Überschwemmungen, Dürreperioden und Unwetter. Leidtragende des zunehmenden Hitzestresses seien dabei insbesondere die Länder der ohnehin schon wärmeren Gefilde und Schäden sowie Schadensbegrenzung daher mitunter als lokale Problematik begriffen. Die Frage der Schadensvermeidung und damit der Emissionsverringerung ginge jedoch zweifellos alle an.

Das Pariser Abkommen habe an dieser Stelle einen neuen Weg eingeschlagen, indem der Top-Down-Ansatz der harten Vorgaben des Kyoto-Protokolls individuellen Beitragszielen der einzelnen Länder gewichen sei. Das Abkommen funktioniere aber auch deshalb so gut, weil die vereinbarten Bedingungen sehr begrenzt sind – auch aus Angst vor Trittbrettfahrern zeigten sich die Zielsetzungen der einzelnen Länder letztlich zu wenig ambitioniert, um das vereinbarte Ziel einer Einschränkung der Erderwärmung auf knapp 2 Grad Celsius realistisch erreichen zu können. Anders als im Abkommen angenommen machten nicht alle mit, stünde die Technik nicht unmittelbar zur Verfügung und die Maßnahmenumsetzung erfolge deutlich zögerlicher als erhofft. Dies führe jedoch dazu, dass die vereinbarten Ziele – wenn überhaupt – nur noch mit erheblichem Mehraufwand und einer umfangreichen Negativemission von Kohlendioxid zu erzielen seien.

Ein wesentlicher Vorteil des Pariser Abkommens sei allerdings, dass man nun über die Erderwärmung rede. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Polarisierung in der politischen, aber auch gesellschaftlichen Debatte der Klimapolitik sei es zwar mitunter schwierig, aber auch von besonderer Dringlichkeit eine sachverständige, beratende Position anzubieten. Ein aus Sicht des Referenten dabei stärker aufzugreifendes Konstrukt stellt die Bepreisung des Kohlendioxidausstoßes als ökonomisch sinnvollstem Ansatz zur Emissionssenkung dar. Anders als der beispielsweise im Rahmen des Kohleausstiegs zu beobachtende, ordnungspolitische Ansatz unter zentraler Festlegung hoher Entschädigungssummen führe ein marktbasierter Ausstieg aus emissionsintensiven Energieformen zu minimalen Systemkosten, bei gleichzeitig besserer Versorgungssicherheit. Ein Ziel müsse es daher sein, die derzeit global noch sehr unterschiedlichen Preise für Emissionszertifikate zu vereinheitlichen und eine Abkehr von räumlich begrenzter Incentivierung zu erzielen. Hierdurch nötige Transferleistungen des Steuerzahlers zur Kostenkompensation der von einer Preisvereinheitlichung primär betroffenen Schwellenländer würden sich in Bezug auf eine Verringerung des globalen Kohlendioxidausstoßes allemal mehr rechnen, als die Abschaltung lokaler Kohlekraftwerke. Denn letztlich sei es in Bezug auf das Emissionsziel selbstverständlich nicht von Bedeutung, wo Kohlendioxid eingespart werde – bedeutsam bliebe aber stets die ausgestoßene Gesamtmenge.