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Dekanat

Digitalisierung – Vom Schlagwort zur Umsetzung in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe

IfG-Veranstaltung Wissenschaft und Praxis im Gespräch vom 23. Januar 2017
v.l.n.r.: Dr. Ralf Kölbach, Andreas Banger, Leonhard Zintl, Thomas Ulrich, Univ.-Prof. Dr. Theresia Theurl, Heiko Frohnwieser, Helmut Gawlik

Der Leitgedanke der 26. Veranstaltung Wissenschaft und Praxis im Gespräch könnte vom Satz Bill Gates „Banking is necessary, banks are not" motiviert sein. Er dokumentierte bereits 1994 seine Auffassung zur Bank der Zukunft und spielte darauf an, dass Bankfilialen im Laufe der Zeit durch das Online Banking ersetzt würden. Diese Einschätzung hat sich verbreitet und derzeit sehen viele Beobachter die Digitalisierung als Bedrohung. Statt in Angststarre zu verfallen, sollte sie jedoch als Chance und Treiber für Innovationen aktiv angegangen werden. Daher war es der Kerngedanke der Veranstaltung „Digitalisierung – Vom Schlagwort zur Umsetzung in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe“ konkrete Beispiele für bereits entwickelte Lösungen und ihre Umsetzung in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe aufzuzeigen. So waren der Einladung des Instituts für Genossenschaftswesen, unter der Leitung von Univ.-Prof. Dr. Theresia Theurl, knapp 350 Teilnehmer gefolgt.

Dr. Andreas Zubrod, Vorstand der Union Asset Management Holding AG, eröffnete das Symposium mit einem Vortrag zum hauseigenen FinTech VisualVest aus der Gruppe der Robo Advisor. VisualVest ist ein Onlineportal, durch das die private Geldanlage einfach und standardisiert von zu Hause aus durchgeführt werden kann. Damit präsentierte Dr. Zubrod konkret eine Lösung, wie die Digitalisierung als Chance innerhalb der Genossenschaftlichen FinanzGruppe umgesetzt werden kann. Es hat sich gezeigt, dass VisualVest im Vergleich zu anderen Robo-Advisorn vergleichbare Renditen liefert. Dr. Zubrod resümierte, dass etablierte Unternehmen durch die richtige Vorgehensweise das „Beste aus zwei Welten“ – der Online- und der realen Welt – vereinen können. Damit ein solches Produkt jedoch zum Erfolg wird, ist es zwingend notwendig Vertrauen der Kunden in die Marke zu schaffen. Da Genossenschaftsbanken dieses Vertrauen genießen, besteht hier ein erheblicher Vorteil gegenüber anderen Robo Advisors. In Bezug auf mögliche Weiterentwicklungen und Marktveränderungen im Bereich der Robo Advisor prognostizierte er eine starke Konsolidierung und eine Expansion der Robo-Technologien am Beraterarbeitsplatz, wodurch Berater vor Ort ihren Fokus vermehrt auf eine übergreifende Finanzplanung richten können.

Daran anknüpfend referierte Thomas Ullrich, Vorstand der DZ BANK AG, über das allgemeine Innovationsmanagement in der DZ BANK-Gruppe. Er sieht, wie Dr. Zubrod, in der Digitalisierung große Chancen für die Genossenschaftliche FinanzGruppe. Grund hierfür sei die innovative Triebkraft der FinTechs für nachhaltigen Erfolg. Diese haben auch die Bedürfnisse der Bankkunden bedeutend verändert. Da die größten FinTechs sehr hohe Unternehmenswerte aufweisen, wird für sie zukünftig ein hohes Wachstum erwartet. Weiterhin zeigte Ullrich, wie die Genossenschaftliche FinanzGruppe ihr Innovationsmanagement ausgestaltet hat, die Impulse der FinTechs sowie der Kundenwünsche berücksichtigen möchte und wie der Innovationsmanagement-Prozess zukünftig ausgestaltet sein soll. Zusätzlich zu den bereits heute ergriffenen Maßnahmen wird ein „Innovation LAB“ umgesetzt, an dem auch Kunden beteiligt werden.

Leonhard Zintl, Vorstand der Volksbank Mittweida eG, stellte klar, dass die aktuellen Facetten des Marktes als Herausforderung zu akzeptieren und offensiv mit klaren Ideen anzugehen sind. In einem sich schnell verändernden Markt liegt seiner Ansicht nach der größte Handlungsbedarf im Wandel ineffizienter Prozesse. Strategisch sieht er den Kern in der Ausrichtung auf den Kunden, wie es im §1 Genossenschaftsgesetz festgeschrieben ist. Es gilt geschäftliche Stabilität zu schaffen, Marktchancen wahrzunehmen und nicht vor großen Veränderungen zurückzuschrecken, sondern diese aktiv voranzutreiben. Zintl betonte die besondere Bedeutung von Vertrauens- und Leistungskulturen. Ziel ist es in Echtzeit verlaufenden „One and Done“-Prozessen zu gelangen, welche keinerlei Medienbrüche mehr beinhalten. Er regt an, neue Themen zu beachten, mit Vorhandenem zu agieren, konsequent zu sein und sich für Kunden und Mitglieder i. S. genossenschaftlicher Werte einzubringen.

Auch Dr. Ralf Kölbach, Vorstand der Westerwald Bank eG Volks- und Raiffeisenbank, sieht die Digitalisierung als eine Gegebenheit des heutigen Marktes. Er zeigte den Erfolgsweg seiner Bank auf und kennzeichnet ihn anhand dreier Kernaspekten. Erstens, die Nutzung von Veränderungen, zweitens die Kooperation z. B. mit FinTechs oder sogar selbst das eigene Geschäftsmodell umzuwälzen und dies nicht der Konkurrenz zu überlassen. Drittens, stellte er unter „Befähigung“ die Ausbildung einer starken (digitalen) Omni-Kanal-Fähigkeit (Fähigkeit alle Kundenkanäle zu betreiben) bei den Mitarbeitern heraus. Als Digitalisierungsaspekte seiner Bank hob er die Online-Legitimation, Videoberatung, Abschlussstrecken im Web 1.0 sowie die Themen von Social Media / Web 2.0 und eine bankeigene App in den Vordergrund. Trotz technisch-digitaler Aspekte verlangte Dr. Ralf Kölbach die Filiale als Ort der persönlichen Begegnung zu erhalten. So ist für ihn Digitalisierung v. a. für flächenmäßig große Banken eine Chance genossenschaftliche Förderung zu betreiben.

Die anschließende Podiumsdiskussion unter dem Thema „Digitalisierung – Keine Bedrohung, sondern eine Chance“ zeigte einen intensiv geführten Austausch unter Moderation von Univ.-Prof. Dr. Theresia Theurl. Heiko Frohnwieser, Vorstand der Raiffeisenbank Oldenburg eG, bewertete die Digitalisierung als Risiko und sieht die Herausforderungen darin, das beratungsbasierte Geschäftsmodell an die Digitalisierung anzupassen. Andreas Banger, Vorstand der Volksbank Gronau-Ahaus eG, betonte zudem Probleme in der Kunde-Bank-Beziehung. Den Auslöser sich mit digitalen Konzepten zu beschäftigen sah Dr. Ralf Kölbach darin, die Überlebensfähigkeit der Bank nachhaltig zu bewahren und ihr Geschäftsmodell zu transformieren. Als Startpunkt der Umsetzung großflächiger Digitalisierungsmaßnahmen in der FinanzGruppe kennzeichnete Helmut Gawlik, Geschäftsführer der VR-NetWorld GmbH, den Start der Kampagne „Kundenfokus 2015“, kritisierte aber zugleich die Umsetzungen. Er fordert, die Banken stärker zu begleiten und deren Strukturen ggf. deutlicher zu hinterfragen. Die Digitalisierung kann laut Andreas Banger das ureigene genossenschaftliche Geschäftsmodell stärken, sofern Veränderungsbereitschaft besteht. Andreas Banger forderte zudem, die Kultur innerhalb der Gruppe so zu verändern, dass die bestehenden Ideen auch mutig angegangen werden. In einer Schlussrunde sahen die Diskutanten die größten Chancen durch die Digitalisierung für Genossenschaftsbanken überwiegend darin, mit den genossenschaftlichen Werten sehr nah am Mitglied zu sein und die bankeigenen Prozesse weiter optimieren zu können.

Die nächste Veranstaltung „Wissenschaft und Praxis im Gespräch“ wird am 19. Juni 2017 stattfinden. Weitere Informationen finden Sie auf www.ifg-muenster.de.