Die Herausforderungen im HR-Bereich für Genossenschaftsbanken – Wissenschaft und Praxis im Gespräch vom 8. Juni 2015

Vor dem Hintergrund des demografischen Wandels ist die Gewinnung und Bindung von Mitarbeitern eine der zentralen zukünftigen Herausforderungen für Unternehmen, um die eigene Wettbewerbsfähigkeit sicherzustellen. „Die besten Mitarbeiter für Genossenschaftsbanken gewinnen und motivieren – Zwischen Kosten, Markterschließung und Zukunftsfähigkeit“ lautete daher das Thema der Veranstaltungsreihe „Wissenschaft und Praxis im Gespräch“ am 8. Juni 2015. Rund 180 interessierte Teilnehmer waren der Einladung des Instituts für Genossenschaftswesen gefolgt, um das Personalmanagement und Personalstrategien in der genossenschaftlichen FinanzGruppe zu diskutieren.
Oliver Best, Bereichsleiter Personal der DZ BANK AG, eröffnete das Symposium mit einem Vortrag über aktuelle Trends im Personalmanagement. Auf Grundlage dieser Trendentwicklungen haben die vier Themen Employer Branding, Demografie, Talent Management sowie Leadership höchste Relevanz und Priorität für die DZ BANK AG. Best machte deutlich, dass Employer Branding vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels, des Wandels von Werten und Lebensentwürfen sowie der zunehmenden Transparenz durch Social Media unabdingbar ist, um sich im Arbeitsmarktwettbewerb zu behaupten. Die Anwerbung und Haltung gut qualifizierter Mitarbeiter sowie die Weiterbildung von Fach- und Führungskräften sind die verbindenden Elemente der Themenfelder. Stark beeinflusst werden alle von der zunehmenden Regulatorik sowie von der Digitalisierung. Das Ziel der Personalstrategie müsse klar formuliert, der Stellenwert der strategischen Personalarbeit geklärt und die erfolgskritischen Stellschrauben identifiziert sein sowie längerfristige Entwicklungen antizipiert werden.
Anschließenden referierte Johann Kramer, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisen-Volksbank eG Aurich, über die erfolgreiche innovative Gewinnung und Motivation von Mitarbeitern. Zur Mitarbeitergewinnung trägt in besonderem Maße das Image bzw. das Erscheinungsbild der Bank bei. Mittels eines aktiven Facebook-Auftrittes sollen insbesondere junge Kunden, ebenso wie potenzielle Bewerber, gezielt angesprochen werden. Hierdurch ließen sich bereits zählbare Erfolge realisieren. Zur Aufrechterhaltung der Mitarbeitermotivation würden weiche Faktoren verbessert, wie bspw. das betriebliche Gesundheitsmanagement, flexiblere Arbeitszeitmodelle sowie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Daneben sei in einem Werteversprechen klar geregelt, dass der Umgang miteinander auf gegenseitigem Respekt, Fairness sowie Vertrauen fußt.
Im dritten Vortrag referierte Frank M. Mühlbauer, Vorstandsvorsitzender der WL BANK AG, u.a. über den Dreiklang Bewerber – Mitarbeiter – Kunde. Mühlbauer verdeutlichte anhand des Wertewandels, wie sich der klassische berufliche Lebenszyklus und somit auch die Anforderungen an das Personalmanagement gewandelt haben. Die WL BANK AG beteiligt sich deswegen seit 2010 an der „Great Place to Work“-Initiative, um sich in den Dimensionen Glaubwürdigkeit, Respekt, Fairness, Stolz und Teamgeist weiterzuentwickeln. Dafür wurde die WL BANK AG in der Zwischenzeit mehrfach ausgezeichnet und gehört zu „Deutschlands Besten Arbeitgebern“. In der aktuellen Evaluation konnte festgestellt werden, dass das Gesamtpaket aus Vergütung, Sozialleistungen und Betriebsklima zu einer vergleichsweise niedrigen Fluktuationsquote i. H. v. 2,5 Prozent führt. Mühlbauer verdeutlichte, dass Wechselwirkungen zwischen den drei Dimensionen Bewerber, Mitarbeiter und Kunde bestehen, die es unbedingt zu beachten gelte.
Im abschließenden Vortrag thematisierte Annette Kaiser, Geschäftsführerin des Arbeitgeberverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken e.V., den Beitrag der Tarifpolitik zur Arbeitgeberattraktivität. Da in der Tarifpolitik die gegenseitigen Erwartungen zusammengebracht werden sollen, spiele diese eine besondere Rolle für die Arbeitgeberattraktivität. Wesentlich für diese seien, laut Kaiser, das Arbeitsklima, auf das kein tariflicher Einfluss genommen werden kann sowie die Arbeitsbedingungen (angemessene Bezahlung, Flexibilität, Arbeitsplatzsicherheit), welche der Tarif wiederum unmittelbar beeinflusst. Die Tarifpolitik könne zum einen zur Imagesteigerung der gesamten genossenschaftlichen FinanzGruppe und der einzelnen Primärbank beitragen. Zum anderen solle die Tarifpolitik als Impulsgeber für Banken hinsichtlich wichtiger Zukunftsthemen fungieren. Grenzen der Tarifpolitik seien in der Kommunikationsfähigkeit des einzelnen Arbeitgebers sowie in der kundenmarktgerechten Personalaufstellung der Bank zu sehen.
Im Anschluss an die vier Vorträge erfolgte eine von Univ.-Prof. Dr. Theresia Theurl moderierte Podiumsdiskussion unter dem Titel „Faktor Mensch in der Genossenschaftsbank: Mitarbeiter, Mitglied, Kunde“. Die Diskussionsrunde setzte sich aus Axel Kehl, Vorstandsvorsitzender der Akademie Deutscher Genossenschaften e.V., Hermann Kerler, Vorstandsvorsitzender der Raiffeisenbank Pfaffenhausen eG, Guido Lohmann, Vorstandsvorsitzender der Volksbank Niederrhein eG, und Reinhard Schlottbom, Vorstandsvorsitzender der PSD Bank Westfalen-Lippe eG, zusammen. Die Diskutanten resümierten, dass sich eine erfolgreiche Personalstrategie grundsätzlich aus einer Unternehmemsstrategie ableiten lasse, die in ihrer Umsetzung bereits bei den Praktikanten ansetzen müsse. Darüber hinaus werde das Anforderungsprofil zukünftig verstärkt die technischen Kompetenzen der Mitarbeiter betonen, da Omnikanalmanager benötigt würden. Insgesamt sei die Steigerung der Arbeitgeberattraktivität Aufgabe der jeweiligen Primärbank, die ihre genossenschaftlichen Werte als Unique Selling Proposition nutzen könne. Zentral seien dabei u.a. die aktive Förderung und Wertschätzung der Mitarbeiter.
Die nächste Veranstaltung der Reihe „Wissenschaft und Praxis im Gespräch“ findet am 25. Januar 2016 in Münster statt.