Wie sich Heimarbeit auf die soziale Isolation und die Identifikation mit dem Arbeitgeber auswirkt
Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich die Arbeit für viele Menschen verändert. Für zahlreiche Beschäftigte in Deutschland waren die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie mit Kurzarbeit oder dem Verlust ihres Arbeitsplatzes verbunden. Um das Infektionsrisiko zu senken, wurden Arbeitnehmer:innen oftmals flexible Modelle der Arbeitsgestaltung ermöglicht. Auf diese Weise nahm der Anteil der Arbeitnehmer:innen, die ihre Arbeit von zu Hause aus erledigten, spätestens seit dem ersten bundesweiten Lockdown im März und April 2020 deutlich zu. Laut einer Umfrage unter deutschen Personalverantwortlichen lag der Anteil der Beschäftigten die gelegentlich oder regelmäßig im Home Office arbeiteten, vor Ausbruch der Corona-Pandemie bei rund 40 Prozent. Nach Ausbruch der Pandemie stieg dieser binnen kürzester Zeit auf über 60 Prozent der Beschäftigten an.
Die Zunahme der Heimarbeit führt zu der Frage, welche Auswirkungen der Home-Office-Trend für die betroffenen Arbeitnehmer:innen und Organisationen mit sich bringt. Diese Fragestellung ist Ausgangspunkt einer aktuellen Studie der WWU-Forscherinnen Cara Kossen (ehemalige Masterandin) und Dr. Alexandra van der Berg vom Lehrstuhl für Unternehmensführung. Während Home-Office-Regelungen für Arbeitnehmer:innen zunächst mit einer flexibleren Arbeitsgestaltung verbunden sind, rücken die beiden Forscher:innen die Schattenseiten der Heimarbeit in den Mittelpunkt ihrer Untersuchung. Sie analysieren, wie sich die Tendenz zur Heimarbeit auf das Gefühl der Isolation und die Identifikation der Mitarbeiter:innen mit der Organisation auswirkt. Für ihre Studie nutzen sie Daten aus einer Online-Befragung von 382 Arbeitnehmer:innen in Deutschland, die im August und September 2020 durchgeführt wurde.
Die beiden Forscherinnen gelangen zu dem Ergebnis, dass ein höheres Ausmaß an Home Office mit einem stärkeren Gefühl sozialer Isolation und einer geringeren Identifikation mit dem Arbeitgeber einhergeht. Die Resultate erklären sie vor allem damit, dass wichtige Gewohnheiten und Strukturen, die mit der Arbeit im Büro verbunden sind, ebenso wie der Austausch mit Arbeitskolleg:innen durch die Heimarbeit geschwächt werden. So ließen sich viele Aufgaben durch digitale Arbeitsformen zwar problemlos von zu Hause erledigen, die informelle Kommunikation werde dabei jedoch geschwächt. Die Forscherinnen stellen außerdem fest, dass Aufgaben, die ein gewisses Maß an Koordination zwischen den Beschäftigten erfordern, die negativen Gefühle sozialer Isolation reduzieren können. Wenn die gegenseitige Abhängigkeit allerdings zu groß wird, führen die Arbeitsanforderungen durch den größeren Kommunikationsbedarf zu ungünstigeren Arbeitsergebnissen, so die Ergebnisse der Studie.
Die Forscherinnen schlussfolgern, dass Unternehmen Gegenmaßnahmen entwickeln müssen, um Mitarbeiter:innen, die vermehrt von zu Hause aus arbeiten, besser einzubinden, um dem Gefühl der Isolation entgegenzuwirken und ihre Identifikation mit dem Unternehmen zu erhöhen. Unternehmen könnten dies beispielsweise durch regelmäßige Treffen erreichen, bei denen Vorgesetzte Unterstützung anbieten und offen über aktuelle Herausforderungen sprechen.
Die Studie ist aus den Ergebnissen der Masterarbeit von Cara Kossen hervorgegangen und unter dem Titel „When the exception becomes the norm: A quantitative analysis of the dark side of work from home” im German Journal of Human Resource Management erschienen. Die Ergebnisse der Untersuchung sind für Interessierte offen zugänglich.