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„Der neunte Arm des Oktopus“

WWU-Forscher:innen untersuchen die Erfolgsgeschichte eines Bestsellerromans

Zu Beginn des Jahres schaffte es der 74-jährige Gründer und Geschäftsführer der gleichnamigen Drogeriemarktkette Dirk Roßmann mit seinem Debütroman „Der neunte Arm des Oktopus“ auf Anhieb an die Spitze der Bestsellerliste. Zehn Wochen hielt sich der Roman auf dem Spitzenplatz, was ihm einen Platz in der Jahresbestsellerliste sicherte. In dieser Woche ist der Nachfolgeroman „Der Zorn des Oktopus“ erschienen. In seinem Debütroman thematisiert Dirk Roßmann die Klimakrise und wagt einen Blick in die Zukunft, in der die Krise geopolitische Konflikte auslösen könnte. Kernidee ist eine politische Union zwischen den USA, Russland und China, die zu einer trilateralen ökologischen Diktatur führt.

Drei WWU-Wissenschaftler:innen haben sich mit der Frage beschäftigt, wie der Erfolg des Romans zu erklären ist. Die Buchwissenschaftlerin Prof. Dr. Corinna Norrick-Rühl, der Jurist Christian Alexander Peter und die Ökonomin Lena Schüler, die gemeinsam am Sonderforschungsbereich „Recht und Literatur“ forschen, haben die Erfolgsgeschichte in ihrem Paper “Pay to Play” in the German Book Trade? aus einer trilateralen interdisziplinären Perspektive untersucht. Für sie dient das Buch als lehrreiches Beispiel für die ungleichen Voraussetzungen, die Bücher beim Markteintritt genießen.

Während andere Autor:innen meist jahrelang an ihren Romanen arbeiten, führen die Forscher:innen an, dass Autor Dirk Roßmann von einem Team aus zwölf Personen gesprochen habe, das ihm bei den Arbeiten an seinem Buch unterstützt habe. Darüber hinaus habe der Autor den Roman im Rahmen einer umfangreichen Marketingkampagne beworben, die vom Forscherteam beschrieben wird. So wurde das Buch mit einer einstündigen virtuellen Veranstaltung der deutschen Buchhandelskette Thalia vorgestellt. Der Verlag Bastei Lübbe veröffentlichte den Buchtrailer am selben Tag auf seinem Youtube-Kanal. Auch wenn die Zahl der Aufrufe zunächst verhalten ausgefallen sei, kommen die Forscher:innen zu dem Ergebnis, dass nur wenige Bücher eine solche „Startrampe“ an ihrem Veröffentlichungstag erhalten.

Der Verlag vertreibe den Roman nicht nur über den Buchhandel – auch in mehr als 2.000 Filialen der Drogeriemarktkette ROSSMANN sei das Buch zu finden. In den Filialen habe das Buch durch Werbetafeln im Eingangsbereich zusätzliche Aufmerksamkeit erhalten. Auch im ROSSMANN-Kundenmagazin Centaur, das nach eigenen Angaben 2,5 Millionen Menschen erreicht, habe das Buch Berücksichtigung gefunden. Darüber hinaus sei das Buch durch großformatige Anzeigen in großen deutschen Zeitungen ebenso wie durch Fernsehwerbung zu begehrten Sendezeiten im Vergleich zu anderen Buchveröffentlichungen einer enormen Zahl an potenziellen Käufer:innen präsentiert worden. Diese massiven Marketingmaßnahmen, die nicht wie üblich vom Verlag, sondern durch den Autor finanziert wurden, liegen nach Einschätzung des Forscherteams deutlich über dem marktüblichen Aufwand und seien „ein wichtiger, wenn nicht der wichtigste Faktor“, um aus dem Roman einen Bestseller zu machen.  

Während andere Buchläden im Frühjahr 2020 ihre Türen schließen mussten, hatte die Drogeriemarktkette ROSSMANN das Glück, während wiederkehrender Lockdowns zu den wenigen geöffneten Geschäften zu zählen, in denen Bücher vor Ort erworben werden konnten. Die Forscher:innen gehen jedoch davon aus, dass der pandemiebedingte Wettbewerbsvorteil der ROSSMANN-Filialen bei der Erklärung für den Erfolg des Romans nur eine untergeordnete Rolle gespielt habe.

Zusammenfassend sei es vor allem die Markenmacht, die hinter dem Namen Roßmann stehe, die dem Buch eine sofortige Sichtbarkeit in der Öffentlichkeit verschafft habe, wobei das Buch seinerseits dazu beitrage, was in der Literatur als „Markenerzählung“ bekannt sei.

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