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Dekanat

Prof. Dr. Theresia Theurl geht nach mehr als zwei Jahrzehnten am FB4 in den Ruhestand

Nach 21 Jahren verlässt Prof. Dr. Theresia Theurl die WWU. Für die gemeinsame Zeit bedankte sich FB4-Dekan Prof. Dr. Gottfried Vossen.

Im Jahre 2000 kam Prof. Dr. Theresia Theurl als Nachfolgerin von Prof. Dr. Holger Bonus als Geschäftsführende Direktorin des Instituts für Genossenschaftswesen an die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der WWU Münster. Sie war damit die erste Professorin im FB4-Professorenkollegium. Bereits 1997 und 1998 hatte sie für drei Semester den Lehrstuhl des damaligen WWU-Rektors Prof. Dr. Gustav Dieckheuer im Institut für Industriewirtschaftliche Forschung vertreten. Nun steht Prof. Dr. Theresia Theurls Ruhestand und die damit verbundene Rückkehr in ihre österreichische Heimat kurz bevor, auch wenn coronabedingt eine offizielle Verabschiedung erst später erfolgen soll.

Theresia Theurl hat an den Universitäten Innsbruck und München Volkswirtschaftslehre studiert und war an beiden Universitäten wissenschaftliche Mitarbeiterin. Sowohl in ihrer Dissertation (1987) als auch in ihrer Habilitation (1992) setzte sie sich mit geld- und währungstheoretischen Themen in einem historischen Kontext auseinander. Sehr bekannt wurden ihre Arbeiten über die Währungsunionen des 19. Jahrhunderts und den Vergleich mit der Euro-Union: „Eine gemeinsame Währung für Europa. 12 Lehren aus der Geschichte“. Für ihre wissenschaftlichen Arbeiten erhielt sie zahlreiche Preise, so z.B. den Preis des Fürstentums Liechtenstein für wissenschaftliche Forschung sowie den Tiroler Landespreis für hervorragende wissenschaftliche Leistungen.

Mit ihrem Ruf nach Münster wurde sie zur Quereinsteigerin in die kooperationsökonomische Forschung und leitete fortan das 1947 gegründete Institut für Genossenschaftswesen am Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung, das IfG. Sie positionierte die ehemals sehr traditionsorientierte „Genossenschaftsforschung“ als Element der Kooperationsökonomie auf einem zeitgemäßen institutionenökonomischen Fundament und betonte die empirische Ausrichtung. Die Konturen ihres Forschungsprogramms wurden im Rahmen der Internationalen Genossenschaftswissenschaftlichen Tagung 2004 in Münster sichtbar, auf der der spätere Nobelpreisträger Oliver E. Williamson als Redner auftrat und auf der Genossenschaften als wettbewerbsfähige Unternehmensnetzwerke präsentiert wurden. Dieses Verständnis bildete die Klammer der vier IfG-Forschungscluster, aus denen in den folgenden Jahren zahlreiche Forschungsprojekte mit innovativen Fragestellungen und bemerkenswerten Ergebnissen hervorgingen. Als Kooperationen mit einer sehr zeitgemäßen Governance waren nun nicht nur Genossenschaften eine sehr interessante Organisationsform geworden, sondern die vielen Facetten der Kooperation von Unternehmen wurden zu gefragten Analyseobjekten für Nachwuchswissenschaftler und Studierende. Während ihrer Zeit als Institutsdirektorin betreute Prof. Dr. Theresia Theurl zahlreiche erfolgreiche Dissertationsprojekte und zusammen mit ihrem engagierten Mitarbeiterteam hunderte Diplomarbeiten, Bachelor- und Masterarbeiten in diesem Themenbereich.

Generell war Theresia Theurl als Hochschullehrerin von ihren Studierenden stets hochgeschätzt und ihre Lehrveranstaltungen der Unternehmenskooperation und der Institutionenökonomik, ihre Kleinstgruppenseminare „Aktuelle Fälle“ sowie die regelmäßig von ihr organisierten Gastvorträge von externen Referenten sehr gefragt. Die Qualität sowie die hervorragende Gestaltung ihrer Lehrveranstaltungen wurden von den Studierenden als beispielgebend eingeschätzt. So erhielt sie den Lehrpreis der Fachschaft Wirtschaftswissenschaften gleich vier Mal, in den Jahren 2011, 2013, 2015 und 2019. Diese Leistung gelang vor ihr keinem anderen Hochschullehrer. Schon lange vor der Corona-Krise setzte sie konsequent auf die Digitalisierung der Lehre und begeisterte ihre Studierenden mit ihren Drei-Kanal-Vorlesungen (Präsenzvorlesung im Hörsaal, Live-Stream und Videoaufzeichnung für die asynchrone Nachbereitung und Klausurvorbereitung).

In ihrer Tätigkeit als Institutsdirektorin setzte sich Theresia Theurl konsequent für den Wissenstransfer in Wirtschaft und Gesellschaft ein. So führte sie die halbjährlich stattfindenden Veranstaltungsreihen „Wissenschaft und Praxis im Gespräch“ für Bankvorstände sowie „Perspektiven für Wohnungsgenossenschaften“ für die Vorstände von Immobilienunternehmen ein. In beiden Veranstaltungsreihen wurden aktuelle Herausforderungen für diese Zielgruppen aufgegriffen sowie Lösungen entwickelt und diskutiert. Immer konnte sich das IfG-Team über ein „volles Haus“ und konstruktive Diskussionen zwischen Wissenschaft und Praxis freuen, die meist bereits das Thema für die nächste Veranstaltung in sich bargen. Prof. Theurl war und ist Mitglied von zahlreichen Kommissionen und Expertengremien, die den Transfer von Forschungsergebnissen in den politischen Raum sowie in die wirtschaftliche Praxis ermöglichen. Zusätzlich hat sie sich für die wirtschaftswissenschaftliche Community engagiert. So war sie u.a. langjährige Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Ausschusses sowie des Ausschusses für Institutionenökonomik im Verein für Socialpolitik. 2015 holte sie die Jahrestagung des Verein für Socialpolitik an den FB4 und war deren lokale Organisatorin.

Theresia Theurl hat die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der WWU in vielerlei Hinsicht geprägt. Sie war die erste weibliche Dekanin und gleichzeitig die Erste, die diese Funktion gleich zwei Mal innehatte. So übernahm sie nach ihrer ersten Amtszeit in den Jahren 2005 und 2006 ab 2014 nochmals für sechs Jahre das Dekanat der derzeit größten WWU-Fakultät. Sie setzte sich als Dekanin des Fachbereichs stets für eine offene, konstruktive und auf eine enge Zusammenarbeit ausgerichtete Kommunikation zwischen Studierenden, Professorinnen und Professoren sowie Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ein, aus der u.a. verbindliche Lehr- und Lernstandards hervorgegangen sind und für die das „WIR FB4“ als Kürzel steht. Mit der Einrichtung des FB4-Advisory Boards trat sie dafür ein, die Beziehungen der Fakultät zu Wirtschaft, Politik und der Gesellschaft weiter zu vertiefen. Das „Fakultätsjubiläum 2019“ trug dazu bei, Ehemalige vieler Generationen wieder für ihren Fachbereich zu interessieren. Während ihrer Amtszeit wurde die Fakultät zwei Mal durch die Association to Advance Collegiate Schools of Business re-akkreditiert und ist damit bis heute eine von elf deutschen Bildungseinrichtungen, die das internationale Akkreditierungssiegel tragen. Darüber hinaus setzte sich Theresia Theurl mit großer Beharrlichkeit für den Ausbau der Fachbereichsbibliothek zu den FB4-Lernwelten ein, der in den kommenden Monaten anlaufen wird. Im Sommersemester 2020 gelang es ihr, die Fakultät durch ein engagiertes Krisenmanagement durch die erste Phase der Corona-Krise zu geleiten.

Prof. Dr. Theresia Theurl sieht ihren Eintritt in den Ruhestand als formalen Akt. Auch in Zukunft wird sie der Forschungsgesellschaft für Genossenschaftswesen Münster vorstehen und die noch laufenden Promotionsprojekte ihrer Mitarbeiter bis zum erfolgreichen Abschluss begleiten. „Verabschieden kann man sich nur persönlich und nicht in einer Videokonferenz. Den geeigneten Zeitpunkt gilt es abzuwarten. Jedenfalls werde ich Münster, der WWU mit dem FB4 und den genossenschaftlichen Organisationen auch in Zukunft eng verbunden bleiben.“    

Wir bedanken uns schon jetzt ganz herzlich für ihren engagierten Einsatz und die überaus erfolgreiche Zeit am FB4! Für ihre Zukunft wünschen wir Theresia Theurl alles erdenklich Gute!