Prof. Dr. Gottfried Vossen ist neuer Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät
Seit dem 1. Oktober 2020 ist Prof. Dr. Gottfried Vossen neuer Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der WWU Münster. Er tritt die Nachfolge von Prof. Dr. Theresia Theurl an, die dem Fachbereich zuvor sechs Jahre lang als Dekanin vorstand. Prof. Dr. Gottfried Vossen übernahm 1993 den Lehrstuhl für Informatik im Institut für Wirtschaftsinformatik der WWU. Zuvor war er Professor für Informatik an der Justus-Liebig-Universität Gießen. Seit 2004 ist Prof. Dr. Vossen Direktor des European Research Center for Information Systems, einem internationalen Netzwerk von Forschungseinrichtungen und Wissenschaftlern die auf dem Gebiet der Informationssysteme tätig sind. Während seiner Zeit an der WWU hatte er unter anderem Gastprofessuren an der Karlstad Universitet in Schweden, der Marmara Universität in Istanbul und am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam inne. Er ist seit 2012 Fellow der Gesellschaft für Informatik e.V.; an der University of Waikato in Hamilton, Neuseeland hält er seit 2013 ein Honorary Professorship. Von 2004-2005 stand Prof. Vossen der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät bereits als Dekan vor.
Wir möchten Prof. Dr. Vossen ganz herzlich als neuen Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät begrüßen. Wir haben ihm zur Begrüßung vier Fragen gestellt:
Lieber Herr Prof. Vossen, was bedeutet es für Sie, Dekan der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät zu sein?
Dekan des FB4 zu sein, ist für mich zugleich Ehre und Herausforderung. Ehre, weil der Fachbereich in seiner nunmehr 51-jährigen Geschichte viele berühmte Menschen in seinen Reihen hatte und hat, die hier gelehrt und geforscht haben. Herausforderung, weil der Prozess der „Ökonomisierung der Wissenschaft“ auch vor der WWU und dem FB4 nicht halt gemacht hat und wir ständig neuen Anforderungen begegnen müssen. Meine Vorgängerin, Spektabilis Theurl, hat hier allerdings eine Leistung vollbracht wie niemand vor ihr: Sie hat mit dem Struktur- und Entwicklungsplan der Fakultät ein Programm geschrieben, das es „nur noch“ zu realisieren gilt. Darin enthalten sind viele Baustellen, die angegangen werden müssen, aber bei genauem Hinsehen eben auch „Anleitungen“ zu deren Behandlung. Hinzu kommt das Tagesgeschäft, das gerade in Zeiten von COVID-19 besondere Herausforderungen und immer wieder neue Verordnungen bereithält, deren man sich annehmen muss.
Welchen Stellenwert haben die Wirtschaftswissenschaften Ihrer Einschätzung nach an der WWU?
Die Welt befindet sich aktuell in einem der größten Umbrüche der letzten Jahrzehnte, die manche Autoren sogar mit denen vergleichen, die Kriegszeiten hervorgebracht haben. Den Wirtschaftswissenschaften kommt dabei insofern eine hohe Bedeutung bei, als sie Wirtschaft in Zeiten des radikalen technologischen Wandels erklären können muss; sie muss ferner in der Lage sein, Entscheidungshilfen für Unternehmensleitungen und Politik zu liefern, Fehlentwicklungen zu analysieren und gleichzeitig vorausschauend potenzielle Entwicklungen kritisch zu prüfen. Als der größte Fachbereich dieser Universität stehen wir gerade jetzt vor großen organisatorischen Herausforderungen; wir haben diese angenommen und verfügen mittlerweile über gute Erfahrungen, die wir auch gerne weitergeben.
Ich habe für mein Dekanat eine Prodekanin für Forschung und Transfer gewinnen können; unser gemeinsames Ziel ist, Forschungsergebnisse nicht nur nach außen zu kommunizieren, sondern auch die Kooperationen innerhalb der WWU zu intensivieren. Diesem Zweck dient auch das REACH.
Worin sehen Sie die Stärken unseres Fachbereichs? Worin unterscheidet er sich von Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultäten an anderen Universitäten?
Das Motto „WIR FB4“ sagt eigentlich alles. Eine wesentliche Stärke haben wir uns dadurch erarbeitet, dass wir uns vor Jahren der internationalen Akkreditierung durch die AACSB unterzogen haben und dies auch weiterhin tun. Dies hat einerseits zu einer kritischen Durchsicht aller Aspekte unseres Fachbereichs geführt; es hat aber auch ein Bewusstsein für Gemeinsamkeiten und Schnittstellen zwischen den im Fachbereich vertretenen Fächern geschaffen, das vorher in dieser Form nicht vorhanden war. Wir haben im letzten Jahr ein Jubiläum erlebt, das dieses „WIR FB4“-Gefühl sehr schön nach außen demonstriert hat.
Die vorhandene Partizipations- und Konsenskultur ist ein wichtiges Asset der Fakultät, das ich sehr schätze und das uns von anderen Fakultäten der WWU positiv unterscheidet; dennoch muss der Dekan in begründeten Einzelfällen autonom entscheiden.
Eine weitere Stärke ist unsere Wirtschaftsinformatik, die sich der Fachbereich vor nunmehr 30 Jahren vorausschauend als einer der ersten in NRW zugelegt hat, was bis heute viele Nachahmer gefunden hat.
Was sind Ihre Ziele und Wünsche für unseren Fachbereich?
Als Informatiker sehe ich auch die Chancen, die uns die aktuelle Lage bietet, im Hinblick auf eine (weitere) Digitalisierung unseres Fachbereichs. Dies betrifft einerseits die zahlreichen administrativen Abläufe in einem so großen Fachbereich und einer so großen Universität, die noch zum großen Teil auf analoge Weise abgewickelt werden, andererseits aber auch die Lehre und damit die Interaktion mit unseren Studierenden. Eines meiner Ziele ist, die Digitalisierung des Fachbereichs dort voran zu treiben, wo sie angemessen ist und wo sie uns weiterbringen kann. Immerhin ist es ja heute möglich, mit Methoden der Künstlichen Intelligenz den Lernfortschritt von Studierenden auszuwerten und sodann individuell an das jeweilige Thema und die Person anpassen zu können. Ich weiß, dass wir es bei vielen Vorlesungen mit sehr hohen Teilnehmerzahlen zu tun haben, aber derartige Methoden können mit geeigneter IT-Unterstützung hoch skalieren. Mein Wunsch dabei ist, dass wir alle Beteiligten mitnehmen können und kein Mitglied des Fachbereichs sich dem widersetzt. Schließlich sehe ich eine große Chance in unserem Exzellenz Startup Center, neuerdings REACH genannt, das wir zu einer Stärke ausbauen müssen. Eine Integration von Entrepreneurship in die Ausbildung ist mir seit vielen Jahren ein Anliegen; darum werde ich alles daran setzen, das REACH zu einem Leuchtturm der WWU zu machen. Mein Ziel ist es, hier sogar eine Führungsrolle innerhalb der WWU anzustreben und anzunehmen. Das studentische Interesse an Selbstständigkeit und Gründung ist zwar Schwankungen unterworfen, ist jedoch aktuell wieder hoch und kann durch die Aktivitäten des REACH auch hoch gehalten werden. Es ist zu erwarten, dass es gerade in der Post-Corona-Zeit zahlreiche Neugründungen geben wird, in denen Digitalisierung eine fundamentale Rolle spielt. Bei dieser Entwicklung müssen wir nicht nur mitmachen, sondern führend werden, insbesondere dann, wenn wir uns für Kooperationen mit anderen Fachbereichen öffnen.