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Kundenorientierung statt allgemeiner volkswirtschaftlicher Ziele

Prof. Dr. Thomas Ehrmann legt Gutachten zur Satzungsänderung der DB Netz AG vor

Änderungen der Unternehmensziele in den Satzungen der Deutschen Bahn sollen zukünftig einen wichtigen Beitrag für mehr Verkehr auf der Schiene leisten. Konkrete Formulierungsvorschläge hierzu stellte Prof. Dr. Thomas Ehrmann, Direktor des Instituts für Strategisches Management, in dieser Woche im „Gutachten zur Satzungsänderung bei DB Netz AG (und dazu verbundener Themen bei der DB AG)“ im Auftrag des Netzwerks Europäischer Eisenbahnen (NEE) e.V. vor. Prof. Ehrmann gehörte 17 Jahre lang dem Bahnbeirat sowie der Advisory Group bei der DB AG an.

Bereits 2018 wurde im Zuge der Regierungsbildung auf Betreiben der SPD im Koalitionsvertrag vereinbart, „volkswirtschaftliche Ziele wie die Steigerung des Marktanteils der Schiene“ in den Satzungen des DB-Konzerns und seiner Infrastrukturtöchter zu verankern. Demnach soll das DB-Management künftig auch an der Erreichung volkswirtschaftlicher Ziele gemessen werden. Hierzu legte Prof. Ehrmann am 24. Juni in Berlin ein Gutachten vor. Im Mittelpunkt steht die Präzisierung der Unternehmensziele bei der DB Netz AG, die sich in ihrer „monopolistischen“ Stellung als bedeutsamer Dienstleister für sämtliche Eisenbahnverkehrsunternehmen nicht kundenorientiert und effizient genug verhalte. „Die Eisenbahnen in Deutschland benötigen einen innovativen, kundenorientierten und auf Wachstum gepolten Schieneninfrastruktur-Dienstleister“, so Prof. Ehrmann.

Von einer Verankerung allgemeiner volkswirtschaftlicher Ziele in den Unternehmenssatzungen des DB-Konzerns rät Prof. Ehrmann hingegen ab, da sie von den Unternehmen in der Regel nicht beeinflusst werden können. „Volkswirtschaftliche Ziele sind oberhalb der Unternehmensebene angesiedelt – sie können nur vom Bund als Gesetzgeber und Infrastrukturinvestor wirksam verfolgt werden. Die Zielbestimmung in der Satzung eines wirtschaftlich agierenden Unternehmens muss dagegen die wirtschaftlichen Ziele seines Eigentümers und die Orientierung am Kundeninteresse in den Mittelpunkt stellen“, so Prof. Ehrmann. Er schlägt in diesem Zusammenhang Satzungsänderungen für die DB Netz AG vor, die den Interessen aller im Markt aktiven Verkehrsunternehmen gerecht werden. Demnach soll die Repräsentanz der Kunden im Aufsichtsrat neu geregelt werden. Im Zuge einer stärkeren Kundenorientierung könne eine „hohe Kongruenz mit politischen Zielen, mehr Verkehr auf die Schiene zu bringen, erreicht werden.“

Zurzeit bestehe Unklarheit darüber, wer die Einhaltung der bislang vom Konzern selbst formulierten Ziele in Zukunft kontrollieren solle. Diesbezüglich sieht Prof. Ehrmann keine Alternative zu einer staatlichen Aufsicht. Neben dem Bundesverkehrsministerium sei in diesem Zusammenhang ein neues hochspezialisiertes „Bundesamt für Schieneninfrastruktur“, welches dem Ministerium, dem Parlament sowie dem Bundesrat berichte und verkehrspolitische sowie unternehmerische Aufträge entgegennehme, eine mögliche Alternative. Vorbild hierfür könnten die gesetzlichen Regelungen und ihre Durchsetzung durch das Schweizer „Bundesamt für Verkehr“ sein. „Es kann nicht darum gehen, wie zu Großvaters Zeiten eine Bundesbahn durch Ministerialbeamte oder Minister steuern zu lassen. Es muss gelingen, eine moderne und fachkundige Aufsicht über das Management der anbieterneutralen Schieneninfrastruktur zu etablieren, die einen Beitrag zur Erreichung der verkehrspolitischen Ziele des Bundes leisten kann“, so Prof. Ehrmann wörtlich.