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Dekanat

„WIR FB4“ – vier Fragen an Prof. Dr. Nadine Riedel

Ab dem Wintersemester 2019/20 erhält das Centrum für angewandte Wirtschaftsforschung Münster (CAWM) personelle Unterstützung. Prof. Dr. Nadine Riedel ist derzeit Inhaberin des Lehrstuhls für Finanzwissenschaft und Wirtschaftspolitik an der Ruhr-Universität Bochum – ab dem 1. Oktober verstärkt sie das Team des CAWM. Prof. Dr. Riedel hat an der Universität Regensburg und am Trinity College Dublin Volkswirtschaftslehre und Germanistik studiert. Nach ihrer Promotion an der Ludwig-Maximilians-Universität München im Jahr 2008 war sie zunächst für zwei Jahre als Post Doc an der Universität Oxford beschäftigt. Von 2010-2014 war sie Inhaberin des Lehrstuhls für Finanzwissenschaft an der Universität Hohenheim.

Wir möchten Prof. Dr. Riedel ganz herzlich an unserer Fakultät willkommen heißen und haben ihr vier Fragen zu ihrer zukünftigen Tätigkeit gestellt:

Liebe Frau Prof. Riedel, weshalb haben Sie sich für unseren Fachbereich entschieden und worauf freuen Sie sich am meisten, wenn Sie an Ihre zukünftige Wirkungsstätte denken?

Die Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der WWU bietet ein exzellentes Forschungsumfeld. Forscher und Forscherinnen der Fakultät publizieren regelmäßig sichtbare und viel gelesene Forschungsbeiträge und liefern in der Politikberatung wichtige Impulse. Hier möchte ich gerne beitragen und freue mich auf fruchtbare Kooperationen - Möglichkeiten hierfür gibt es viele und einige gemeinsame Projekte sind auch schon angestoßen. Zudem freue ich mich auch auf die Studierenden der WWU und darauf, meinen Lebensmittelpunkt bald vollständig nach Münster zu verlegen. Meine Familie und ich wohnen seit zehn Jahren in der Stadt - das Bahn- bzw. Autopendeln zur Arbeit bald gegen eine Fahrt mit dem Fahrrad einzutauschen ist eine sehr schöne Perspektive!

Mit welchen Themen beschäftigen Sie sich im Rahmen Ihrer Forschungsarbeit?

Mein inhaltlicher Forschungsschwerpunkt liegt im Bereich Wirtschaftspolitik. Methodisch arbeiten ich und meine Mitarbeiter v.a. mit großen Firmen- und Haushaltsdatensätzen und nutzen mikroökonometrische Methoden, um zu analysieren, ob und wie Unternehmen und Individuen auf Änderungen in der Steuergesetzgebung, in Regulierungsfragen und in der Bereitstellung von öffentlichen Gütern und Dienstleistungen reagieren. Besonderes Augenmerk liegt hierbei auf der Ausgestaltung des Unternehmenssteuersystems in einer Welt, in der Firmen zunehmend international und interregional mobil sind. In den vergangenen Jahren haben wir uns bspw. intensiv mit internationaler Steuervermeidung beschäftigt und analysiert, ob und über welche Kanäle multinationale Unternehmen Gewinne in Niedrigsteuerländer transferieren und ob staatliche Maßnahmen zur Unterbindung dieser Aktivitäten positive Wirkung entfalten. In aktuellen Projekten untersuchen wir, ob staatliche Förderungen von Forschung und Entwicklung (F&E) im Privatsektor die F&E-Aktivitäten von Unternehmen erhöhen und wie öffentliche Güter auf lokaler Ebene die geographische Ansiedelung von Firmen beeinflussen. In neuen Projekten arbeiten wir zudem an der Schnittstelle zur Entwicklungsökonomie und analysieren auf Basis von Firmendaten, ob und wie Unternehmen in weniger entwickelten Ländern auf Anreize im Steuersystem und auf steueradministrative Maßnahmen zur Erhöhung der Steuerbefolgung reagieren.

Wie wird sich Ihr Institut hinsichtlich der Lehre zukünftig aufstellen? Auf welche Kursangebote dürfen sich unsere Studierenden freuen?

Wir werden im Grundlagenbereich der Bachelorstudiengänge stark vertreten sein und laufende Veranstaltungen zu Principles of Economics und Makroökonomik I übernehmen. Zudem werden wir im Bachelor- und im Masterbereich Wahlpflichtkurse zu Sozialökonomik, Regionalökonomik sowie Wirtschaftspolitik anbieten. In allen Kursen verbinden wir die Vermittlung der theoretischen Grundlagen mit der Präsentation empirischer Evidenz und liefern auch Bezüge zu aktuellen wirtschaftspolitischen Debatten. Im Masterbereich legen wir zudem viel Wert auf eine fundierte methodische Ausbildung - zum einen bieten wir Methodenkurse im Bereich Mikroökonometrie an; aber auch in den anderen Kursen ist ein zentrales Anliegen, Studierende in die Lage zu versetzen, empirische Forschungsarbeiten an der aktuellen Forschungsgrenze zu verstehen, zu replizieren und kritisch zu reflektieren.

Wodurch zeichnet sich Ihrer Ansicht nach gute Lehre aus?

Gute Lehre muss Studierende strukturiert mit den Kerneinsichten ökonomischer Theorie und Empirie vertraut machen. Ziel ist es hierbei aber nicht allein Wissen zu vermitteln, sondern vielmehr Studierende zu eigenständigem kritischen Denken anzuleiten und zu befähigen. D.h. Studierende sollen in der Lage sein, Argumente im akademischen und öffentlichen Diskurs zu verstehen, kritisch zu reflektieren und aktiv an solchen Debatten teilzunehmen. Mir ist allgemein auch sehr wichtig den Studierenden in meinen Veranstaltungen nahe zu bringen, dass die formale Theoriebildung in der VWL ihre Gedankengänge schärft, ihnen hilft, konsistente Argumente ohne Logikfehler zu formulieren und auch komplexe Zusammenhänge zu überblicken. Im Masterbereich hat unsere Ausbildung zudem zum Ziel, Studierende zu eigenständigen empirischen Analysen zu befähigen: d.h. sie lernen mit Daten umzugehen und bekommen das methodische Rüstzeug an die Hand, um empirische Analysen nicht nur zu „konsumieren“, sondern auch selber zu „produzieren“, d.h. eigenständig zu forschen.