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Dekanat

"WIR FB4" – vier Fragen an Jun.-Prof. Dr. Raoul V. Kübler

Ab dem kommenden Semester erhält das Team des Marketing Centers Münster personelle Unterstützung: Dr. Raoul V. Kübler wird das MCM zukünftig als Junior-Professor verstärken. Im Zuge des Tenure-Track-Verfahrens kann seine Junior-Professur in den kommenden Jahren in eine ordentliche Professur überführt werden. Dr. Kübler war bis zuletzt Assistant Professor of Marketing an der Özyeğin University in Istanbul. Sein Studium der Betriebswirtschaftslehre absolvierte er an den Universitäten in Hohenheim und Kiel. An der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel schloss er sein Studium zum Diplomkaufmann ab und promovierte anschließend am Lehrstuhl für Innovation, Neue Medien und Marketing. Wir möchten Herrn Dr. Kübler ganz herzlich an unserer Fakultät willkommen heißen und haben Ihm schon jetzt vier Fragen zu seiner zukünftigen Tätigkeit gestellt:

 

Herr Dr. Kübler, was hat Sie dazu bewogen, dem Ruf an unsere Fakultät zu folgen?

Der ausgezeichnete internationale Ruf, der klare Fokus auf Top-Forschung, das großartige Team am MCM und der Fokus der Studierenden auf innovatives Wissen und innovative Wissensvermittlung.

Ich hatte im Zuge der letzten beiden Jahre Angebote von Universitäten aus Amsterdam, London und Paris. Am Ende habe ich mich für Münster entschieden, weil ich mir sicher war, dass ich hier nicht nur effizient meine Forschung weiterführen kann, sondern mich auch selbst weiterentwickeln kann. Hierbei freue ich mich vor allem auf den direkten Wissens-Austausch und die Kooperation mit den exzellenten Kollegen im Fachbereich und am Marketingcenter. Das Konzept der Tenure-Track Junior-Professur erlaubt mir dazu, mich nach fast 7 Jahren im Ausland wieder in die Struktur einer deutschen Universität einzuarbeiten, bevor ich die Herausforderungen einer vollen Professur übernehme.

Das MCM zeichnet sich dazu durch ein einzigartiges Konzept mit seinem kundenzentrierten Fokus aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Marketingstandorten wird hier nicht der einfache Einsatz von Marketinginstrumenten gelehrt, sondern der Kunde und seine Bedürfnisse in den Vordergrund gestellt. Dieser aus meiner Sicht unverzichtbare Ansatz reflektiert auch meine langjährige Erfahrung in der Werbebranche und meine Arbeit in verschiedenen Werbeagenturen.

Auch in meiner Forschung versuche ich stets Kundenpräferenzen zu identifizieren, anhand derer Manager dann bessere Entscheidungen treffen können.  Somit war Münster meine erste Wahl. Ich war auch während des Berufungsverfahrens sehr von den Vertretern der Studierenden beeindruckt, die sich stark für innovative, digitale Lehrmethoden interessiert haben und klar nachgefragt haben, welche neuen, zukunftsfähigen Konzepte und Lehrinhalte ich zum bisherigen Kanon des MCMs beitragen werde.

Zuletzt hat natürlich auch Münsters außerordentliche Lebensqualität zur Entscheidung beigetragen. Gerade der Sprung von einer 18 Millionen-Metropole ins Münsterland schien vielen eine Herausforderung. Ich freue mich aber sehr auf kurze Wege auf dem Fahrrad und ausreichend Naherholung in der Natur, ohne dass ich wie bisher Stunden im Stau verbringen muss.

 

Worauf liegt der Schwerpunkt Ihrer derzeitigen Forschungsprojekte?

Ich beschäftige mich seit mehreren Jahren mit künstlicher Intelligenz, maschinellem Lernen und Big Data.

Mein spezielles Interesse liegt hier aktuell in der Nutzung von Text-Analyse-Tools, anhand derer ich Emotionen in Textquellen wie User-Posts aus sozialen Netzwerken, Unternehmenskommunikation oder anderen Online-Inhalten extrahiere. Diese Tools finden in einem weiten Bereich Anwendung. In einem aktuellen Projekt zeige ich in Zusammenarbeit mit Kollegen aus den USA und Italien, wie Unternehmen User-Posts von Facebook, Twitter, oder Instagram nutzen können, um klassische Marketing-Kennzahlen wie Image, Kaufwahrscheinlichkeit, Kundenzufriedenheit oder Kaufempfehlungs-Wahrscheinlichkeiten vorherzusagen. Unsere Ergebnisse zeigen, dass kundengenerierte Inhalte wie User-Posts und Kommentare in sozialen Netzwerken teils besser das Kundenverhalten vorhersagen, als klassische umfragebasierte Ansätze.  In meiner weiteren Forschung nutzen wir ähnliche Tools um sogenannte „Firestorms“ vorherzusagen und Managern Tools an die Hand zu geben, anhand derer Probleme so früh wie möglich identifiziert werden können, um aktiv Kundenprobleme zu adressieren und zu beheben, sodass Unternehmen und ihre verschiedenen Stakeholder - wie z.B. unschuldige Mitarbeiter oder Zulieferer - nicht in Gefahr geraten.

Ein etwas spezielles Forschungsthema – an dem ich seit letztem Jahr arbeite – sind die sogenannten Fake News und ihr Einfluss auf das politische Marketing. Zusammen mit Kollegen aus den USA haben wir einen großzahligen Datensatz mit Milliarden von Nutzerkommentaren aus sozialen Medien gesammelt und versuchen nun zu analysieren, wie Fake News entstehen, sich verbreiten und sich auf die politische Willensbildung auswirken. Hierbei setzen wir auch künstliche Intelligenz und Algorithmen ein, die uns helfen Fake News zu identifizieren, und ihren Weg durch die verschiedenen Netzwerke zu verfolgen.

Meine Forschung verläuft somit entlang verschiedener Randgebiete mit anderen Disziplinen wie der (Wirtschafts)-Informatik, der politischen Wissenschaft und der Linguistik. Ich freue mich auch hier sehr auf einen regen Austausch mit meinen neuen Kollegen an der Universität Münster.

 

Auf welche zukünftigen Kursangebote dürfen sich unsere Studierenden freuen?

Aktuell biete ich schon ein Seminar „Marketing in the Age of Big Data“ an. Hier erarbeiten sich die Studierenden erste Einsichten in das maschinelle Lernen und lösen mit der Hilfe von großzahligen Datensätzen und verschiedenen Algorithmen Praxisfragen wie welche Kunden am wahrscheinlichsten ihren Mobilfunkvertrag kündigen, welche Werbemittel die höchste Wirkung haben, oder welche Kundensegmente einen Service am meisten nutzen. Ziel des Seminars ist, dass Studierende neue Ansätze in der Datenanalyse kennenlernen und verstehen, in welchen Fällen, welcher Ansatz am erfolgversprechendsten ist. 

Für das kommende Sommersemester plane ich eine Vorlesung „Integrated Marketing Communications“, die das aktuelle Angebot des MCMs in Hinblick auf moderne Unternehmenskommunikation abrunden soll. Nach erfolgreichem Abschluss der Veranstaltung, sollen Studierende in der Lage sein, auf Basis von Marktforschungsergebnissen passende Werbeinhalte für identifizierte Zielgruppen zu entwickeln und diese effizient anzusprechen. Die Vorlesung setzt sich daher dezidiert mit Werbeplanung, Kampagnenentwicklung, Message-Design, Werbe-Kreativität und Werbekanal-Integration auseinander und verbindet zum einen aktuelle Forschungsergebnisse mit meiner eigenen Erfahrung aus meiner mehrjährigen Arbeit für führende Werbeagenturen.

 

Wodurch zeichnet sich Ihrer Meinung nach gute Lehre aus?

Forschung und Lehre stellen für mich gewissermaßen Produkte dar, die ich als Hochschullehrer anbiete. Meine Lehre untersteht damit den gleichen Anforderungen wie ein Produkt am Markt: Sie muss meinen „Konsumenten“ einen Nutzen bzw. einen Mehrwert anbieten. Dieser Wert besteht für mich zum einen darin, dass ich meinen Studierenden die neusten Forschungsergebnisse vermittle und ihnen helfe, zu verstehen, wie sie mit neuen Ansätzen, Theorien und Methoden bessere Entscheidungen als zukünftige Manager treffen. Zum anderen bin ich aber auch davon überzeugt, dass eine reine Methodenlehre alleine nicht ausreicht. Methoden als auch Probleme verändern und entwickeln sich kontinuierlich weiter. Es ist mir daher ebenso wichtig, dass Studierende in der Lage sind, etablierte Zusammenhänge selbstständig und kritisch in Hinblick auf Eignung und Effizienz zu hinterfragen und eigenständig neue Prozesse zu entwickeln. Hierbei ist eine eigenständige Prozesskompetenz wichtig, die die Studierenden am Ende befähigt, sich selbstständig und losgelöst von einem Schema einem Problem zu nähern und dabei die richtigen Fragen zu stellen, um dieses Problem selbst zu lösen.

Konkret bedeutet dies für mich, dass ich zusammen mit meinen Studierenden interaktiv Inhalte diskutiere und bestehende Konzepte kritisch im Hinblick auf Eignung, Kosten und Nutzen hinterfrage. Für den direkten Austausch mit meinen Studierenden setze ich auf innovative, digitale Konzepte wie Apps, Boards und Online-Foren, die eine gemeinsame Interaktion über die eigentliche Veranstaltung hinaus ermöglichen. Darüber hinaus geben mir diese Mittel immer einen Eindruck darüber, wie weit Studierende die Inhalte verstanden haben und erlauben mir somit auch relevante Schwerpunkte zu vertiefen, bzw. Inhalte an den Lernfortschritt der Teilnehmer anzupassen.