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Dekanat

WIR FB4 – fünf Fragen an Prof. Dr. Aloys Prinz

Seit April 2000 ist Prof. Dr. Aloys Prinz Direktor des Instituts für Finanzwissenschaften II am FB4. Zuvor war er von 1993 bis 2000 Professor für Wirtschaftspolitik an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz. Er ist Autor zahlreicher Beiträge in nationalen und internationalen Fachzeitschriften. Im Herbst vergangenen Jahres veröffentlichte er gemeinsam mit Co-Autor Prof. Dr. Hanno Beck, Professor für Volkswirtschaftslehre an der Hochschule Pforzheim, ein Buch mit dem Titel „Glück. Was im Leben wirklich zählt“. In ihrer Monographie widmen sich die beiden Autoren der Frage, was uns wirklich glücklich macht. Anhand aktueller Studien und Forschungsergebnissen aus Ökonomie und (Wirtschafts-) Psychologie versuchen die beiden Autoren eine Antwort auf diese Frage zu finden. Wir haben Prof. Prinz fünf Fragen gestellt:

1. Herr Prof. Prinz, in Ihrer Forschung widmen Sie sich u.a. der Theorie und Politik der Besteuerung, der Staatsverschuldung und der Geldpolitik. Was hat Sie und Ihren Co-Autor Herrn Prof. Beck dazu motiviert, unter die „Glücksforscher“ zu gehen?

Dieses Buch ist nicht unser erster Schritt in die Glücksforschung; einige wissenschaftliche Beiträge sind dem vorangegangen. Für mich gab es zwei sehr verschiedene Auslöser dafür. Der erste, fachwissenschaftliche, war die utilitaristische Wohlfahrtsökonomik, die zu Beginn „glücksorientiert“ war, wie beispielsweise Jeremy Bentham, John Stuart Mill und Francis Edgeworth zeigen. Es gab schon damals Überlegungen, mittels eines „Hedonimeters“ das „Glück der großen Zahl“ zu messen. Der zweite Auslöser kam von einem meiner Freunde, der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie ist. Er hat mich dazu motiviert, mich nicht nur ökonomisch, sondern auch psychologisch und philosophisch mit Glück zu beschäftigen. Im Endeffekt liefen für mich beide Auslöser auf die Frage hinaus, was wirtschaftliche Tätigkeit mit Glück zu tun hat oder anders gesagt, zum „Glück der großen Zahl“ beitragen kann. Und darüber hinaus: Das Buch gemeinsam mit Hanno Beck zu schreiben, war ein (erneuter) wahrer Glücksfall.

2. Was ist überhaupt „Glück“?

Eine sehr gute Frage, auf die ich zwei Antworten habe. Die erste lautet: Ich habe keine Ahnung. Ok, das ist sehr unbefriedigend. Daher die zweite: Der Philosoph Aristoteles nennt Glück als das Ziel, nach dem alle streben. Und er unterscheidet zwei Formen des Glücks, die selbst heute noch Gültigkeit haben: das hedonische Glück, wie beispielsweise verliebt zu sein, im Lotto zu gewinnen oder sich über den unerwarteten Erfolg einer Mannschaft im Sport zu freuen, und das eudaimonische Glück, das eher längerfristiger Natur ist und darin besteht, mit seinem Leben reflexiv-retrospektiv zufrieden zu sein. Aber das kann nicht alles sein; daher geht es an dieser Stelle zurück zur ersten Antwort: Keine Ahnung.

3. Im Vergleich zu wirtschaftlichen Kennzahlen ist Glück nur schwer zu quantifizieren: Inwiefern lässt sich Glück tatsächlich messen?

Was man messen kann und misst, sind die hedonischen und eudaimonischen Ausprägungen des Wohlbefindens. Neben Umfragen, die mittlerweile weitgehend standardisiert sind, werden medizinische Parameter wie Blutdruck, Stressniveau sowie Methoden aus der Hirnforschung und der Genetik verwendet. Damit werden Korrelate des Wohlbefindens und -empfindens ermittelt, die zur Messung verwendet werden können. Obwohl Glück scheinbar etwas sehr Subjektives und Individuelles ist, gibt es dennoch objektive Größen, die die jeweilige Glücksdimension einer Messung zugänglich machen. Noch bessere Ergebnisse erwartet man aus der „Big Data“-Forschung, die Daten aus den sozialen Netzwerken nutzt und mit bestimmten Ereignissen - wie z.B. dem Sieg einer Nationalmannschaft bei der Fußballweltmeisterschaft – verknüpft. Darüber hinaus bietet die neueste Technik der miniaturisierten digitalen Mess- und Aufzeichnungsgeräte weitere Möglichkeiten, individuell unmittelbare Wohlbefindens-Messungen zu machen und diese zu aggregieren. 

4. Nun zur vielleicht wichtigsten Frage: Was macht uns glücklich?

Zunächst muss man vorausschicken, dass unsere Glücksfähigkeit etwa zur Hälfte genetisch determiniert ist; das ist das Ergebnis von Zwillingsstudien und aus der Genom-Forschung. Darüber hinaus wissen wir insbesondere, was uns nicht glücklich oder sogar unglücklich macht: psychische Krankheiten, zum Arbeitsort zu pendeln, im Stau zu stehen gehören dazu, aber auch die exzessive Nutzung von Fernsehen, Computern und sozialen Medien. Glücklich und zufrieden machen uns hauptsächlich das Zusammensein mit Freunden und sogenannte „Flow“-Erlebnisse, die auftreten können, wenn man sich ganz und gar in eine Aktivität versenkt; zu guter Letzt macht es uns glücklich, etwas für andere zu tun. Geld kann durchaus auch glücklich machen, allerdings scheint es da eine Grenze zu geben, über die hinaus kaum noch ein Zuwachs an Wohlbefinden erfolgt. Grundsätzlich gilt wohl, dass das eigene Tun und eigene Erlebnisse stärkere Glücksspuren hinterlassen als rein materielle Dinge, sofern die materiellen Grundbedürfnisse befriedigt sind. Demnach können wirtschaftliche Variablen hauptsächlich dazu beitragen, weniger unglücklich zu sein.

5. Was kann jeder einzelne tatsächlich tun, um glücklicher zu werden?

Eine mögliche, aber m.E. falsche Antwort wäre, ständig neuen Gefühlshöhepunkten nachzujagen. Wir wissen recht gut, dass dies nicht glücklich macht, sondern süchtig. „Glücksjunkies“ sind nicht glücklich. Unser Gehirn belohnt uns für körperliche und mentale Anstrengungen; sich Ziele zu setzen und sie zu erreichen versuchen macht glücklich, selbst wenn man sie nicht vollkommen erreicht. Allein der ernsthafte und anstrengende Versuch wird schon belohnt. Mit anderen Worten: Man darf es sich nicht zu leicht machen. Das gilt für das Privatleben und erst recht für Studium und Beruf. Darüber hinaus braucht man zum Glück enge Freundschaften; „Freunde“ in den sozialen Medien zählen in der Regel nicht dazu, es sei denn, man kennt sie persönlich. Das wahrscheinlich Wichtigste für individuelles Glück ist der richtige „Mindset“, die richtige Geisteshaltung, die es unter anderem ermöglicht, Rückschläge als das hinzunehmen, was sie sind: Möglichkeiten, es künftig besser zu machen.