Alumni Story: Andree Ohmstedt

„Aus Münster in die weite Welt“. So oder so ähnlich könnte man die berufliche Laufbahn unseres Alumnus Andree Ohmstedt beschreiben. Nach dem Berufseinstieg in die Internationale Nachwuchsgruppe bei der Daimler-Benz AG, blieb Andree Ohmstedt dem Unternehmen über 30 Jahre lang treu. Nach dem ersten Job im Konzern Treasury, erarbeitete sich Andree Ohmstedt schnell eine erste Führungsposition. Auf diese folgten in den folgenden Jahren verschiedenen weitere leitenden Positionen auf drei Kontinenten. Zuletzt verantwortete Herr Ohmstedt mehr als 11 Jahre im Vorstand der Mercedes-Benz Bank in Stuttgart die Finanzen. Doch ganz gleich, ob Südafrika, die USA oder Europa, der Grundstein für all diese Stationen wurde an der Universität Münster gelegt. Hier hat Andree Ohmstedt im Jahr 1989 seinen Abschluss als Diplom-Kaufmann erreicht.

Im Interview blicken wir gemeinsam mit Andree Ohmstedt auf seine illustre Karriere zurück und erhalten spannende Einblicke in seinen beruflichen Werdegang.

Lieber Herr Ohmstedt, Sie haben Ihre gesamte berufliche Karriere bei der Daimler-Benz AG verbracht. Was hat dieses Unternehmen zu einem für Sie perfekten Arbeitgeber gemacht?

Auf dem ersten Blick mag es langweilig erscheinen, die gesamte berufliche Karriere ausschließlich in der schwäbischen Daimler-Benz AG verbracht zu haben. Doch weit gefehlt!! Die Größe, die Internationalität, die Diversität und die Dynamik, umrahmt von sehr attraktiven Produkten, bot und erwartete permanente Anpassungen an ein sich laufend änderndes Umfeld.

Bepackt mit guten theoretischen Kenntnissen insbesondere aus 3 Jahren Prof. Schierenbecks BWL der Banken, durfte ich, nach 4 Jahren Erfahrungen in der praktischen Refinanzierung der internationalen Konzerngesellschaften, in der Nähe von New York erste Auslandsluft schnuppern und u.a. Asset-/Liability Management für die amerikanischen Leasing- und Finanzierungsgesellschaften (Captives) aufbauen und so „Ertragsorientiertes Bankmanagement“ praktizieren.

4 Jahre später konnte ich die Idee der Etablierung einer Zentrale für die lateinamerikanischen Finanzierungsaktivitäten in Miami unterstützen.  Leider wurde die attraktive Aufgabe (und Location) nach knapp 2 Jahren strategisch durch den Merger mit Chrysler wieder kassiert.

Anstatt nach nunmehr 6 Jahren als ExPat zurück ins Ländle wurde mir die CFO Position der Captive in Südafrika anvertraut. Der Wandel des Landes nach dem Ende der Apartheid, spiegelte sich damals in der Dynamik, dem Optimismus und einer Offenheit für neue Ideen auch in der Unternehmung wider. Nach spannenden 5 Jahren ging es dann wieder in die USA, nun aber nach Michigan. Hier erwartete mich das wohl spannendste Projekt meiner Karriere – der Demerger von Daimler und Chrysler. Spannend vor allem deshalb, weil zum einen das Epizentrum der Trennung in den USA lag und zum anderen die Prozesse und Kulturen der zuvor separaten Captives nach rd. 8 Jahren sehr erfolgreich in eine homogene DaimlerChrysler Einheit integriert werden konnten. Nach einem harten Jahr 2007 schloss sich der sehr interessante Aufbau einer CFO Struktur und Kultur für die neuen nord- und südamerikanischen Daimler Finanzdienstleistungen an. 

2009 ging die 15-jährige Auslandsreise dann doch zu Ende. Mit inzwischen zwei in den USA geborenen Kindern ging es für meine Frau und mich wieder ins Schwabenland. Hier ermöglichte mir derselbe Arbeitgeber als CFO der Mercedes-Benz Bank u.a. ein Déjà-vu mit dem Ertragsorientierten Bankmanagement und ein sehr intensives Erleben der Bankregulierung.

Ich hoffe der kurze Abriss konnte zeigen, dass eine spannende und facettenreiche Karriere auch innerhalb einer Unternehmung möglich war.

Mit knapp 60 hatte ich mich dann entschieden etwas früher auszusteigen. Neben der Unterstützung von einigen Start-ups genieße ich seit gut 3 Jahren die vielen schönen anderen Seiten des Lebens ohne vollgepackten Terminkalender.

Welche Auslandsstation in Ihrem Werdegang hat Sie am meisten geprägt?

Das lässt sich nur schwer beantworten. Jede Station hat ihre Spuren hinterlassen.

So war meine erste Aufgabe in einem jungen und sehr stark wachsenden Konzern-Treasury Team begleitet von einem rasanten Wachstum der Finanzdienstleistungen. Unserem jungen Team wurde damals sehr viel Vertrauen und Freiheit geschenkt, beispielsweise bei der Etablierung vieler innovativer Kapitalmarktinstrumente und Hedgingstrategien.

Aus meiner Zeit in Miami habe ich mitgenommen, dass gestern noch gute Ideen aufgrund sich ändernden inneren oder äußeren Rahmenbedingungen plötzlich aufgegeben werden müssen und man dann insbesondere jede Mitarbeiterin und jeden Mitarbeiter bei der Verarbeitung des „Schocks“ auffangen und unterstützen muss. 

In Südafrika habe ich Wandel und Diversity hautnah miterleben können. In dieser Zeit haben wir neue Konzepte, wie z.B. die aktive Steuerung mit Balanced Scorecard Konzepten oder die Implementierung von Shared Service Strukturen zwischen den verschiedenen lokalen Konzerngesellschaften, probiert und als Benchmark für andere etabliert.

Aus Michigan habe ich im Gepäck, dass (fast) nichts unmöglich ist. Nachdem wir die größte Captive des Konzerns innerhalb von 7 Monaten strukturell, prozessual und IT-technisch trennen mussten, verbunden mit einer für meine Teams nicht leichten und sehr emotionalen Top-Down Entscheidung, auf welcher Seite die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zukünftig beschäftigt sein werden, hatte ich eigentlich kaum noch Angst vor den Herausforderungen, die dann noch folgen sollten.

In Stuttgart prägten mich dann die wachsenden Herausforderungen der deutschen und europäischen Bankenaufsicht, an deren Adressierung ich im Laufe der Jahre sogar viel Spass gefunden hatte. Meine letzten großen Projekte waren dann die Vorbereitung und spätere anfängliche Umsetzung der Trennung von Mercedes-Benz PKW / Vans und DaimlerTruck LKW/Busse für die Finanzienstleistungssparte.

Was würden Sie rückblickend auf Ihr Berufsleben, Absolvierenden mit auf den Weg geben?

Gefühlt scheint es noch nicht so lange her, dass ich mich als Adressat solcher Ratschläge sehen durfte. Mit einer guten akademischen Ausbildung der Universität Münster im Gepäck ist es einfacher, insbesondere zu Beginn der Karriere, durch gute Leistungen Zeichen setzen zu können. Dabei sollte aber immer ein höherer Wert auf den Erfolg des Teams / Unternehmens als auf individuelles Glänzen gelegt und hoffentlich auch honoriert werden. Eine Bildung von internen und externen Netzwerken ist in vielerlei Hinsicht unerlässlich. Insbesondere ist in einer zunehmend dynamischen Welt ein wachsendes Maß an Flexibilität unerlässlich. Dass es dadurch immer schwieriger sein wird, sich heute seinen Job in der Zukunft ausmalen zu können, sehe ich dabei aber eher motivierend. Persönlich habe ich immer sehr erfolgreich mit Mitarbeitenden mit einer konstruktiv kritischen Form der offenen Kommunikation zusammengearbeitet. Kulturen von Organisationen, die diese Eigenschaften nicht schätzen, waren mir immer suspekt.

Was macht Münster im Gegensatz zu allen anderen Städten, in denen Sie bereits gelebt haben, besonders?

Im Gegensatz zu Siegen, wo ich mein Grundstudium absolviert habe, lernte ich in Münster die ausgeprägte (Kneipen)Kultur einer Universitätsstadt schätzen. Wahrscheinlich habe ich in meinen 15 Jahren in den USA und Südafrika insgesamt nicht so viele Fahrräder gesehen wie an einem Tag in Münster. Ich habe es damals sehr genossen alles in Münster mit dem Fahrrad erledigen zu können. Dazu gehörte aber auch, am Wochenende am Hauptbahnhof manchmal keinen freien Abstellplatz mehr finden zu können.

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