Alumni Story: André Schulten
Wie sieht der Arbeitsalltag als Chief Financial Officer bei Procter & Gamble aus? Diese und weitere Fragen haben wir André Schulten im Interview gestellt. Nach seinem Studium in Business & Operations Research an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster, begann André Schulten seine Laufbahn bei P&G Deutschland als Cost Analyst und Manager Finance & Accounting. Heute ist er als P&G’s Chief Financial Officer des größten globalen Konsumgüterherstellers in Cincinnati, Ohio tätig. Im Rahmen seiner Laufbahn bei Procter & Gamble arbeitete er in sieben verschiedenen Geschäftsbereichen des Unternehmens, von Babywindeln bis zu Luxury Cosmetics. Diese Jobs brachten ihn von Münster nach Frankfurt, nach Cincinnati, nach Genf und nach Singapur.
Lieber Herr Schulten, wie können wir uns Ihren Arbeitsalltag vorstellen? Was sind Ihre Aufgaben als Chief Financial Officer bei P&G?
Die Aufgaben sind vielfältig und nicht immer klar voraussehbar. In erster Linie geht es um die strategische Ausrichtung des globalen Unternehmens – in welchen Produktsparten, in welchen Laendern sollten wir vertreten sein. Hier geht es darum sicherzustellen, dass wir auch in 10-20 Jahren solides Wachstum erwirtschaften können und dass unsere Resourcen (human und financial) heute so eingesetzt werden, dass wir die Wachstumsmöglichkeiten für die Zukunft sichern oder schaffen. Welche neuen Problemstellungen erfordern ein Umdenken in der Strategie – wie, zum Beispiel, integrieren wir Environmental Sustainabilitiy in unser Wachtumsmodel? Das operative Geschäft wird in den Produktsparten geleitet und so schwierig es auch ist, es ist meine Aufgabe mich aus dem operativen Geschäft herauszuhalten. Was mir fast immer gelingt. Ein großer Teil der Zeit ist für Gespräche mit dem Aufsichtsrat, Investoren (sell und buy side), Medien, Politik und anderen Stakeholdern reserviert. Sowohl im Rahmen von board meetings, Earnings Calls im Quartal, als auch bei Konferenzen. Business Planning, Accounting, Treasury, Tax und Internal Controls gehören zum Aufgabenbereich und mit den Teams die Governance, Reporting und Controlling Systeme und Prozesse im Unternehmen zu stärken, zu vereinfachen, zu automatisieren ist ein kritischer Teil des Jobs. Talentplanung und Talententwicklung sind wichtige Elemente. P&G ist eine „promote from within“ Kultur. Also verbringen wir als Team sehr viel Zeit damit, die besten Talente zu rekrutieren und weiterzuentwickeln. Das bedeutet Jobs zu planen, viel Coaching und viel Kontakt mit allen Teilen der 105.000 Mitarbeiter starken Organization – viele Reisen, viele Townhalls, viele 1:1s. Der unvorsehbare Teil des Jobs nennt sich Krisenmanagement – bei 140 Ländern ist die nächste kleine oder große Krise nie weit entfernt.
Sie haben bereits in Singapur und der Schweiz gearbeitet. Was hat Sie besonders an der Position in Ohio gereizt?
Die Aufgabestellung des CFO Jobs war natürlich der Anreiz nach Cincinnati zurückzukehren und zusammen mit dem Executive team einen Konzern wie P&G mitzugestalten. Um auf den geographischen Aspekt der Frage zu antworten – wir haben es immer genossen in einen neuen Teil der Welt zu ziehen, die Menschen kennenzulernen, die Kultur und Historie aus eigener Erfahrung kennenzulernen. Wir haben lernen müssen offener zu sein für andere Sichtweisen, andere kulturelle Normen and andere Prioritäten – und wer die Muensterländer kennt, der weiß, dass diese Fähigkeit erarbeitet werden will. Jeder Ort, an dem wir gelebt und gearbeitet haben, war auf seine Art faszinierend, aber man muss sich darauf einlassen. „Lebe so, als ob Du für immer dableiben willst“ hat mir mein Manager damals geraten, als wir auf unser erstes Auslandsabenteur gingen – so haben wir’s gemacht.
Welchen Rat würden Sie den heutigen Studierenden mit auf den Weg geben?
Ich würde ihnen das raten, was ich auch unseren Mitarbeitern versuche zu vermitteln. „Es ist nicht so wichtig, was Du bisher gelernt hast. Es ist extrem wichtig, dass Du nie aufhörst zu lernen.“ Will heißen, diejenigen, die bereit sind, jeden Tag neues zu erfahren, zu lernen und ihre alten Erfolge zu vergessen, werden mehr Möglichkeiten haben als andere. „Einfach machen“. Wir tendieren dazu, vieles zu lange und mit zu großer Komplexität zu durchdenken. Wir sind besser darin weit entfernte Barrieren zu erkennen als mögliche Lösungen. Also näher rangehen – dann sieht man besser was gebraucht wird. „Wir haben einen Mund und zwei Ohren“ – Du musst lernen besser zuzuhören hat mir einer meiner besten Chefs vor Jahren gesagt. Wenn der Konsument dein Produkt nicht kauft, hast Du nicht richtig zugehört oder verstanden was der Konsument braucht. Wenn du glaubst, die andere Verhandlungspartei sei inkompetent, dann verstehst Du nicht, was sie wirklich will. Leadership heißt nicht viel zu sagen, sondern zu verstehen was die Situation erfordert. Das geht nur, indem wir zuhören.
Wenn Sie an Ihre Zeit in Münster zurückdenken, denken Sie an … ?
...lange Seminare im F1, die Blechtrommel (gibt es glaube ich nicht mehr, oder?), Sommerabende auf der Aasee Wiese, kalte Füße beim Radfahren im Winter. [Anmerkung der Redaktion: Die Blechtrommel ist heute das Bohème Boulette]