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Andrea Langer-Ballion

DFG-Projekt: Ausgestaltung finanzieller Produkte um begrenzte Aufmerksamkeit von Kleinanlegern auszunutzen

im September 2023 gestartet

Markus Dertwinkel-Kalt von der Universität Münster und André Romahn von der HHU Düsseldorf untersuchen in diesem auf vier Jahre angelegten Projekt die Auswirkungen von eingeschränkter Aufmerksamkeit auf das Anlageverhalten von Kleinanlegern. Hierzu verwenden sie sowohl Experimental- als auch Feld- bzw. Marktdaten. Besonderes Interesse gilt Salienzeffekten, welche Firmen mit geringem Aufwand ausnutzen können, also denen, die sich auf die Etikettierung von Finanzprodukten beziehen, auf deren relative Positionierung sowie auf die Vermarktung bestimmter Anlagestrategien. Es gibt viele Hinweise darauf, dass Finanzunternehmen solche Salienzeffekte ausnutzen. Beispielsweise hat sich die Anzahl der Fonds und unterschiedlicher Fondskategorien in den letzten 20 Jahren drastisch erhöht. In den letzten 5 Jahren hat es in den USA mehr investierbare Indizes als an der Börse notierte Firmen gegeben. Im Durchschnitt kommen auf einen einzelnen Index nur 5 Fonds die diesen Index als Referenz nutzen, und drei Viertel aller Indizes werden nur von einem einzelnen Fonds genutzt. Fonds, die auf solchen Nischenindizes basieren, stellen ihren Investoren im Schnitt höhere Verwaltungsgebühren in Rechnung als Konkurrenzangebote, die auf weit verbreiteten Indizes basieren. Betrachtet man den Markt für Indizes, so fällt auf, dass im Jahr 2018 die drei größten Anbieter zusammen gerechnet einen Anteil von 80 Prozent am gesamten indexgebundenen verwalteten Finanzvermögen ausmachten. Standardmodelle der Wirtschaftswissenschaften können solche Muster kaum erklären. Alternative Modelle, die die begrenzte kognitive Kapazität von Investoren explizit mit einbeziehen, sind in dieser Hinsicht vielversprechender. Um wirtschaftspolitische Entscheidungen faktenbasiert treffen zu können, ist es erforderlich die Wirkungsweise von Salienzeffekten zu verstehen und quantitativ bemessen zu können. Mit einem experimentellen Ansatz möchten die Forscher verstehen, (1) wie Referenzindizes gewählt werden können, um Produkte attraktiver erscheinen zu lassen und somit die Profite der Emittenten zu steigern, und (2) welche Anlagestrategien prominent vermarktet werden können, um das Anlagevolumen zu steigern. Mit Experimenten und einem strukturellen Modell soll quantifiziert und getestet werden ob (3) saliente Etiketten und Referenzindizes genutzt werden können um die Nachfrage für Finanzprodukte mit nachteiliger Kostenstruktur zu erhöhen. Mit einem rein strukturellen Ansatz soll untersucht werden (4) wie Richtlinien, die die Verfügbarkeit von Nischenindizes begrenzen und die Berücksichtigung relevanter Informationen durch Kleinanleger erhöhen, die Investorenwohlfahrt und die Profite der Index- und Fondsanbieter beeinflussen. Dieses Projekt ist ein Projekt innerhalb der DFG-Forschungsgruppe „Konsument:innenpräferenzen, Konsument:innenfehler und Unternehmensantwort.“