Marktkontakte adeliger Güter in Rheinland, Westfalen und Lippe, 1650–1850


Projektstatus abgeschlossen
Projektzeitraum 01.07.2017- 30.06.2018
Förderer DFG - Individual Grants Programme
Projektnummer PF 351/11-2
Schlüsselwörter Neuere und Neueste Geschichte; Wirtschafts- und Sozialgeschichte; Agrarökonomie und -soziologie

Das Vorhaben untersucht fünf bis sechs adelige Güter aus dem Rheinland, Westfalen und Lippe im Zeitraum 1650 bis 1850 im Hinblick auf Marktkontakte in der Form von Getreideverkäufen. Dem liegt das Argument zugrunde, dass regionale Marktwirtschaft und Marktgesellschaft zu einem guten Teil in der alltäglichen Getreidewirtschaft von Adelsgütern entstanden. Die Untersuchung entwickelt sich entlang von vier Hauptlinien: Zunächst dienen Zeitreihen des Volumens von Verkäufen und der dabei erzielten Preise sowie der Vergleich letzterer mit Getreidepreisen in nahe gelegenen Marktstädten der Beobachtung von Prozessen der regionalen Marktintegration. Zweitens gibt eine Mikroanalyse des lokalen Markts bezogen auf Transaktionsformen und Transaktionspartner Hinweise auf die Entwicklung von Marktinstitutionen und relative Bedeutung lokaler vs. regionaler Netzwerke im Marktgeschehen. Drittens wird geprüft, wieweit sich das Marktverhalten hinsichtlich saisonaler Muster des Marktauftritts und Vorratshaltung am Modell des rationalen Investors oder vielmehr am Modell des paternalistischen Fürsorgers für die Abhängigen der Grundherrschaft orientierte. Dabei soll zeitgenössisches Schrifttum zur Betriebsführung der adeligen Wirtschaft (v. a. die sog. Hausväterliteratur) als möglicher Referenzrahmen alltäglichen Handels mit berücksichtigt werden. Da Besitzer meist nicht auf ihren Gütern residierten, stellen viertens Überwachungsprobleme zwischen Prinzipalen (Gutsbesitzer) und Agenten (Gutsverwalter, Rentmeister) einen wichtigen Analysegegenstand dar; Arrangements zu ihrer Bewältigung bildeten eine Voraussetzung für den konsistenten Marktauftritt eines Guts. Methodisch basiert das Vorhaben vor allem auf zwei Grundlagen: Einerseits wird eine relationale Datenbank der einzelnen Getreideverkäufe und ihrer Merkmale aufgebaut, die dann einer statistischen Auswertung zugeführt wird. Andererseits erfolgt eine qualitative Auswertung der Protokolle und Korrespondenzen der Gutsverwaltung hinsichtlich der Bewirtschaftung der Getreideeinkünfte. Der Vergleich mehrerer Güter soll Aufschluss über Korrelate zwischen qualitativen Merkmalen regionaler Entwicklung und Merkmalen der Marktkontakte einzelner Güter liefern.