Historisches

Chronik aus dem Jahre 1938

Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
in der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät
der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster

Münster (Westf.)
Johannisstraße 9

Fernsprecher Nr. 22613

Druck der Westfälischen Vereinsdruckerei A.-G. Münster (Westf.)

Das Institut für Wirtschafts- und Sozialwissenschaften

an der Universität in Münster (Westf.) ist am 11. Mai 1920 in seinem heutigen Hause ins Leben getreten. (Von wem dieses Gebäude vordem benutzt wurde, zeigt die am Eingang rechts aufgehängte Traditionstafel.) Das Institut hat als Universitätsinstitut die doppelte Aufgabe der wirtschaftlichen Lehre und der wissenschaftlichen Forschung zu erfüllen. Entsprechend dem weit gedehnten Bereich des ökonomischen und sozialen Lebens hat sich das Institut im Laufe seiner Entwicklung eine Reihe von entsprechenden Einrichtungen angegliedert, die auf der Erforschung von Sondergebieten ausgerichtet sind und einen diesen Spezialzwecken angepaßten Apparat aufweisen. (Außerdem ist in dem Gebäude die ursprünglich in enger Anlehnung an das Institut entstandene Westfälische Verwaltungsakademie untergebracht.)

I. Die Verwaltung

Mitgliedschaft

Voraussetzung der Benutzung aller Einrichtungen ist der Erwerb der Institutsmitgliedschaft. Sie wird getätigt im Büro des Instituts durch Eintragen in die Mitgliederliste und durch Bezahlung der staatlich festgesetzten Gebühr von RM 5,- je Semester.

Vorlesungsräume

Das Haus weist drei Vorlesungsräume auf, von denen Hörsaal 1 im Erdgeschoß, Hörsaal 2 und besonders von Veranstaltungen benutzte Große Vortgragsraum im zweiten Stock liegen.

Bekanntmachungen

Mitteilungen über Vorlesungen und Übungen, über Universitäts- und Fakultätsvorgänge, über Einrichtungen einzelner Institusuntergliederungen, über Stellenangebote, über studentische Angelegenheiten erfolgen an schwarzen Brettern, die auf dem Flur des ersten Stocks angebracht sind.

Verwaltung

Die Institutsverwaltung geschieht durch das Direktionssekretariat im zweiten Stock sowie durch das Institutsbüro im ersten Stock. Etwaige Anliegen, die stets sorgfältig auf Erfüllungsmöglichkeit geprüft werden, sind dort vorzubringen.

Auskunft

Über alle Einrichtungen und Vorgänge des Instituts wird im Büro des Instituts im ersten Stock jederzeit in den Dienststunden Auskunft gegeben. Eine erste Orientierung über die Verteilung der Dienststellen im Gebäude ermöglichen die im Eingang links aufgehängten Haus- und Dozententafeln. Außerdem kann der Hausmeister in vielen Fällen erste Hinweise geben.

II. Die allgemeinen Lehr- und Forschungseinrichtungen

Bibliothek

Infolge der Eigenart des Hauses, dessen Bau in seinen Grundzügen aus dem Ende des 16. Jahrhunderts stammt, und infolge der wechselnden Verwendung der einzelnen Räume ist es nicht gelungen, die Bibliotheksmagazine ganz zu vereinheitlichen. Aber es hat sich ermöglicht, die Benutzung der Bücher zu vereinheitlichen, und das ist für jeden, der sich unterrichten und fortbilden will, entscheidend. Kleinere Bibliotheksmagazine befinden sich in allen Stockwerken und bei manchen Spezialeinrichtungen das Hauptmagazin ist im ersten Stock untergebracht. Hier befindet sich zugleich die Bibliotheksverwaltung und daneben liegt der allgemeine Bibliotheks- Arbeitsraum. Er bietet eine Handbücherei mit den wichtigsten Nachschlagewerken allgemeiner Art und aller Unterzweige der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften. Außerdem hängen die großen Tageszeitungen aus und eine große Reihe von Fachzeitschriften ist mit dem jeweils neusten Heft einzusehen. Sowohl ein alphabetischer als auch ein Sachkatalog stehen in dem Arbeitsraum, die eine schnelle Auskunft geben über die großen Bestände der Institutsbibliothek wie der speziellen Bibliotheksgliederungen. Ein Dissertationen-Katalog gibt einen Überblick über die geleistete Forschungsarbeit des akademischen Nachwuchses. Aus diesen Katalogen kann der Besucher mithin das Vorhandensein einer wissenschaftlichen Arbeit für das gesamte Haus feststellen. Solche Kataloge sinnvoll benutzen zu lernen, muß sich jeder Student unbedingt und früh zur Aufgabe machen, denn zum wissenschaftlichen Arbeiten gehört die Erlernung bestimmter Technik ebenso wie für jeden anderen Beruf, und Katalogausnutzung ist eine solche Technik. Zudem werden die Neueinstellungen monatlich listenmäßig zusammengefaßt; die Listen sind nach Institutsabteilungen gegliedert und liegen zur Einsicht aus. Darüber hinaus kann der Bibliotheksbesitzer eine weitere mündliche Auskunft erhalten von der Aufsicht im Arbeitsraum; eine wissenschaftliche Beratung gibt die Leitung der Bibliotheksverwaltung.

Wirtschaftsarchiv

Die Ergänzung der Bibliothekseinrichtungen bietet das Wirtschaftsarchiv im dritten Stock des Hauses, dessen Aufgabe die Sammlung von Zeitungsausschnitten und des nicht allgemein zugänglichen Schrifttums ist. Die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften sind auf die Beobachtung und das Miterleben der unmittelbaren Gegenwartsgeschehnisse aus ihrem innersten Wesen heraus angewiesen. Die erste Darlegung und Beurteilung geschieht keineswegs immer in selbständigen Untersuchungen in Buchform, die in die Bibliothek eingereiht werden können, sondern sie erfolgt vielfältig in der Zeitung und in Veröffentlichungen, die nicht im Buchhandel vertrieben werden. Außerdem enthält die Zeitung eine Fülle von Hinweisen für die Erforschung ökonomischer und sozialer Tatbestände. Diese Quellen auszuschöpfen ist die besondere Aufgabe des Wirtschaftsarchivs, daß im Frühjahr 1937 ins Leben gerufen worden ist. Über die deutschen Wirtschafts- und Sozialverhältnisse hinaus werden die Vorgänge in der ganzen Welt verfolgt, natürlich in verschiedenen abgestuftem Umfange, aber mit besonderer Berücksichtigung der wichtigsten Glieder der Wirtschaft der Welt und mit herausgehobener Betonung der Gestaltung in dem Nachbarraum der Niederlande. Eine weitgehende systematische Einteilung schließt das Archivmaterial auf, sie gestattet umfassende und zugleich schnelle Benutzung. Eine selbständige bearbeitete mit dem Hauptarchiv verbundene Abteilung ist das Geschäftsberichtsarchiv. , das die Geschäftsberichte von rund tausend wichtigen deutschen Aktiengesellschaften und Genossenschaftsbetrieben und –verbänden, z.T. bis in die siebziger Jahre des vorigen Jahrhunderts zurückreichend, enthält. Dieses Spezialarchiv ist eine wichtige Materialquelle für das Studium der Unternehmung und zugleich für Bilanzvergleiche und bilanzanalytische Untersuchungen. Ein eigener Arbeitsraum des Wirtschaftsarchivs macht die Ausnutzung des Materials besonders angenehm und leicht. Die wissenschaftliche Beratung durch die Leitung des Archivs verhilft zum richten Arbeitseinsatz.

III. Die besonderen Lehr- und Forschungseinrichtungen

Siedlungs- und Wohnungswesen

Für das besondere wichtige Gebiet der deutschen Wohnungswirtschaft und der siedlerischen Besetzung des deutschen Raumes ist im Jahre 1932 eine eigene Forschungsstelle errichtet worden, die seit dem Sommer 1936 innerhalb des Institutsgebäudes seine Räume bezogen hat. Die wirtschaftlichen, rechtlichen und sozialen Probleme des Siedlungs- und Wohnungswesens (mit Betonung der westfälischen Verhältnisse) werden untersucht und in einer eigenen Schriftenreihe herausgebracht. Eine Spezialfachbibliothek , ein Spezialarchiv und ein enger Zeitschriftenbezug geben weitgehende Möglichkeiten vertiefter Unterrichtung. In allgemeinen Vorträgen für die breite Öffentlichkeit und in Übungen für den Studentennachwuchs wird das Stoffgebiet natürlich bearbeitet.

Verkehrswesen

Ein selbständig eingerichtetes, mit Bibliothek und Zeitschriften ausgestattetes Verkehrsseminar hat die Aufgabe, den für die deutsche Volkswirtschaft so überaus wichtigen Bereich des Verkehrsausbaus mit aller seiner Problematik zu pflegen. Öffentliche Veranstaltungen in Vorträgen und Zusammenkünften, Übungen für den Studentennachwuchs wird das Stoffgebiet nachdrücklich bearbeitet.

Sozialverwaltung

Frühere Untergliederungen, die ihre Tätigkeit durch Veränderung der Forschungseinrichtung aufgaben, haben zu der Gründung und Pflege einen sehr beachtlichen Bibliothek und eines guten Apparates zur Erkundung der sozialen Probleme geführt. Ein sozialpolitisches Seminar legte den Grundstock, ein Seminar für Arbeitsvermittlung und Berufsberatung pflegte die in seinem Namen genannten speziellen sehr bedeutungsvollen Aufgabenkreise und ein Seminar für Fürsorgewesen bemüht sich noch heute, das Schrifttum der sozialen Fürsorgearbeit zu sammeln und in besonderen Kursen den Teilnehmer zu fördern.

Raumforschung

In einem eigenen Arbeitsraum werden von Dozenten, Assistenten und Studenten Untersuchungen der Reichsarbeitsgemeinschaft für Raumforschung durchgeführt, die der Erforschung des westfälischen Landes in seiner wirtschaftlichen und sozialen Struktur dienen. Auch diese Arbeit wir durch besondere Übungen in ihrer Methodik und Zielsetzung vertieft. Außerdem wird sie unterstützt durch eine eigene Bibliothek und einen ausgebauten technischen Apparat.

Sonstiges

Darüber hinaus werden noch besonders gepflegt in Vorlesungen und Übungen, entweder regelmäßig in jedem Semester oder doch in jedem Winter, das Handwerkswesen, die Jugendwohlfahrt, das kommunale Finanzwesen. Kleine Veranstaltungen, die über den amtlichen Lehrplan hinausgehen, vermitteln Kenntnisse auf diesen wichtigen Wirtschafts- und Sozialgebieten. Dozenten deren Lebensberuf in der Bearbeitung und Betreuung der genannten Aufgabenkreise liegt, sprechen über das, was das praktische Leben jener Bereiche bewegt. Gelegentlich ist bereits mit der Sammlung der wichtigsten Literatur begonnen worden, die meist in die allgemeine Institutsbibliothek eingeordnet wird. Die Mitarbeit an den besonderen Forschungs- und Lehreinrichtungen und die Teilnahme an den Veranstaltungen kann den Institutsmitgliedern nicht dringend genug empfohlen werden. Das deutsche Wirtschafts- und Sozialleben ist so aufgespalten und kompliziert, daß es für jeden Studenten neben der selbstverständlich im Vordergrund stehenden Gesamtausbildung unbedingt notwendig ist, sich schon während seines Studiums die Grundkenntnisse auf späteren Soziallebensgebieten zu erwerben, damit er bei der Berufswahl eine entsprechende Vorbereitung aufweisen kann.

IV. Die Studienausgestaltung

Volkswirtschaftliches Prüfungsamt

Das Studium wird abgeschlossen mit der Prüfung als Diplomvolkswirt, auf die noch nach individueller Eignung und Begabung die Prüfung zum Dr. rer. pol. folgen kann. Die Doktorprüfung gehört ausschließlich in den Aufgabenbereich der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät, von der die Wirtschafts- und Sozialwissenschaften den Teil der amtlich sog. wirtschaftlichen Staatswissenschaften bilden. Die Durchführung des Diplomvolkswirtexamens überwacht das von den vorgesetzten Ministerium bestellte Diplomprüfungsamt. Es hat seine Geschäftsräume im Institutsgebäude, und bei seiner Verwaltungsstelle sind alle Auskünfte, z.T. in Merkblattform gedruckt, über die Vorbereitung zu diesem Abschlußexamen und damit auch über die Einrichtung des Studiums erhalten.

Wirtschaftspraktikantenamt

Die neue Prüfungsordnung für die Durchführung des Diplomvolkswirtexamens sieht eine praktische Betätigung der Kandidaten vor. Die Einweisung in solche Ausbildungsstellen zu unterstützen, ist der Zweck der Münsterschen Zweigstelle des Wirtschafts-Praktikanten Amtes in Berlin. Seine Aufgabe ist freilich nur eine ergänzende Betätigung, da es zunächst selbständige Aufgabe des Studierenden ist, für seine praktische Lehrzeit zu sorgen.

Lehrgänge über soziale Fürsorgearbeit

Seit dem Jahre 1920 werden für den Bereich der sozialen Wohlfahrt (ausgehend von der Institutsuntergliederung des Seminars für arbeit Fürsorgewesen) besondere Kurse veranstaltet, die in zwei Semestern ein Spezialstudium auf wirtschaftlichem, sozialem, rechtlichem und medizinischem Gebiet durchführen und den Abschluß durch ein gesondertes Examen ermöglichen. Seit 1936/37 ist der Kursus über die Leitung des Gesamtinstitutes öffentlich betreut. Auskunft über Einrichtung und Durchführung der regelmäßig mit dem Sommersemester einsetzenden und am Ende des folgenden Wintersemesters abgeschlossenen Kurse ist bei der Verwaltung des Seminars für Fürsorgewesen im dritten Stock zu erhalten.