Tagungsbericht zum 35. Münsterischen Tagesgespräch

Corporate Sustainability – Unternehmensführung, Berichterstattung und Prüfung im Lichte aktueller Entwicklungen

Am Dienstag, den 20.06.2023, veranstaltete der Münsteraner Gesprächskreis Rechnungslegung und Prüfung e. V. (MGK) das 35. Münsterische Tagesgespräch. Die diesjährige Tagung stand unter dem Oberthema „Corporate Sustainability – Unternehmensführung, Berichterstattung und Prüfung im Lichte aktueller Entwicklungen“ und wurde von Herrn Prof. Baetge und Herrn Prof. Kirsch geleitet.

Besuch des Kunstmuseums Pablo Picasso

Einige Teilnehmer trafen sich bereits am Vortag zum traditionellen Begrüßungsabend im Münsteraner Kunstmuseum Pablo Picasso, in diesem Jahr mit der Ausstellung „Celebrating Picasso. Künstler – Mensch – Genie“. Im Anschluss an den Museumsbesuch konnten sich die Teilnehmer beim Abendessen im Lokal Pinkus Müller über die Impressionen aus der Ausstellung austauschen und sich in gemütlicher Atmosphäre auf das 35. Münsterische Tagesgespräch am folgenden Tag einstimmen.

Vorträge zu „Corporate Sustainability“ und lebhafte Diskussionen

Herr Prof. Kirsch begrüßte zum Auftakt die rund 100 Teilnehmer und eröffnete das 35. Münsterische Tagesgespräch. In diesem Jahr berichteten fünf Fachreferenten über die aktuellen Entwicklungen zum Thema „Corporate Sustainability“ mit den sich daraus ergebenden Herausforderungen für die Unternehmensführung, Berichterstattung sowie Prüfung. Zudem standen zwei Diskussionsrunden mit den Fachreferenten auf dem Programm, in denen auch die Teilnehmenden ihre Fragen und Diskussionspunkte platzieren konnten.

Als erster Referent berichtete Herr WP/StB Dr. Arno Probst, Partner der Region Nord bei der Deloitte GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft in Hamburg sowie Lead Partner Corporate Governance in Deutschland, über „Die nachhaltige Transformation – Perspektiven und Herausforderungen für gute Unternehmensführung“. In seinem Vortrag erläuterte er zunächst ausführlich, inwiefern Nachhaltigkeit eine unternehmerische Herausforderung darstellt, und ging anschließend kurz auf ausgewählte Regulierungsentwicklungen (CSRD, ESRS, DCGK) ein. Er legte dar, welche Herausforderungen sich daraus für Vorstand und Unternehmensführung auf der einen Seite und für Aufsichtsrat und Prüfungsausschuss auf der anderen Seite ergeben. Dabei betonte er, dass die Nachhaltigkeitstransformation eine in Zukunft intensivere Gremieninteraktion fördert.

Im Anschluss daran referierte Frau Viola Müller, Partnerin sowie Leiterin des Fachbereichs Sustainability Services bei der BDO GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, über „Nachhaltige Unternehmensführung – Umsetzung im Angesicht von CSRD, EU-Taxonomie und LkSG“. Im Kontext der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) ging sie zunächst auf die Bedeutung sowie den Ablauf der Wesentlichkeitsanalyse ein. Anschließend stellte sie die allgemeinen Anforderungen dar, die Unternehmen bei der Erstellung und Offenlegung von CSRD-Informationen zu erfüllen haben (ESRS 1). Bei der EU-Taxonomie-Verordnung erläuterte sie die Herausforderungen, die sich aus der notwendigen Identifikation taxonomiefähiger Aktivitäten anhand der NACE-Codes ergeben. Zudem zeigte sie Herausforderungen bei der Datenermittlung. Auch für das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) ging Frau Müller auf die Herausforderungen ein, die sich aus der Implementierung des LkSG in der Praxis ergeben. Zum Abschluss gab sie den Teilnehmenden Hinweise zur praktischen Umsetzung dieser Themengebiete sowie zu möglichen Umsetzungshürden mit auf den Weg.

Nach einer kurzen Kaffeepause hielt Herr Frank Knura, Vorstandsvertreter und Bereichsleiter Firmenkunden Münster bei der Sparkasse Münsterland Ost, den dritten Vortrag des Tages mit dem Thema „Nachhaltige Unternehmensführung – Die Perspektive einer Sparkasse“. In diesem erläuterte er zunächst die Rolle der Kreditwirtschaft in der Nachhaltigkeitstransformation, bevor er zeigte, wie die Sparkasse Münsterland Ost das Thema Nachhaltigkeit bislang im gewerblichen Kreditgeschäft verankert. Dabei ging er insbesondere auf den ESG-Score & ESG-Check ein. Zudem stellte Herr Knura aktuelle Top-Themen in der Nachhaltigkeitsberatung, wie z. B. Photovoltaik/Windenergie oder Fördermittel, vor. Er beschrieb, wie die Sparkasse ihre Kunden bezüglich dieser Themen aktiv anspricht, und erläuterte zum Abschluss, welche ESG-Aspekte bereits von der Sparkasse Münsterland Ost umgesetzt werden und welche Ziele noch erreicht werden sollen.

In der folgenden Diskussionsrunde wurden die Vorträge der Referenten aufgegriffen und kritisch beleuchtet. So diskutierte das Plenum unter anderem über Themen wie Wesentlichkeitsaspekte, mögliche Haftungsfragen bei Verletzung der Berichtspflicht, Erleichterungen für kleine Unternehmen und über den ESG-Score der Sparkasse. Auch beim anschließenden gemeinsamen Mittagessen wurden die Diskussionen fortgeführt. Am reichhaltigen Buffet bestand neben den Gesprächen über Fachthemen auch die Möglichkeit, neue Kontakte zu knüpfen und alte Bekanntschaften wieder aufleben zu lassen.

Nach der Mittagspause leitete Herr Prof. Dr. Christian Fink, Professor für externes Rechnungswesen und Controlling an der Hochschule RheinMain in Wiesbaden sowie Mitglied des Fachausschusses Nachhaltigkeitsberichterstattung des DRSC, mit seinem Vortrag über „Einblicke in den Regulierungs-Dschungel zur Nachhaltigkeitsberichterstattung“ in die zweite Hälfte des Tagesgesprächs ein. In diesem ging er zunächst detailliert auf die CSRD ein. Er erläuterte dabei den Anwendungsbereich der CSRD, das sog. Phasing-in der Erstanwendung, Berichtsinhalte des Nachhaltigkeitsberichts sowie weitere wesentliche Aspekte zur CSRD-Berichterstattung. Zudem verschaffte er einen Überblick über die erforderlichen Angaben nach ESRS – einerseits im Rahmen der allgemeinen, übergreifenden Standards ESRS 1 sowie ESRS 2, andererseits im Rahmen der themenspezifischen, sektorübergreifenden Standards. Nach der CSRD referierte Herr Prof. Dr. Fink über die EU-Taxonomie-Verordnung. Hierbei ging er insbesondere auf die Ermittlung taxonomiefähiger und -konformer Wirtschaftstätigkeiten sowie die angabepflichtigen Taxonomiequoten ein.

Als letzter Referent des Tages berichtete Herr WP/StB Dr. Christian Orth, Partner und globaler Solution Leader für Sustainability Reporting and Assurance des Bereichs Climate Change and Sustainability Services der Ernst & Young GmbH Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, Leiter des Corporate Reportings Desks Westeuropa sowie Mitglied verschiedener Gremien auf nationaler und internationaler Ebene, über die „Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung – Herausforderungen für Prüfer und Unternehmen“. In seinem Vortrag behandelte er zunächst die weitreichenden Auswirkungen der CSRD auf die Prüfung der ESG-Berichterstattung von Unternehmen. Dabei zeigte er, welche Prüfungsobjekte künftig im Fokus stehen und welche Rolle der Prüfer spielen wird. Zudem erläuterte er, welcher Handlungsbedarf bei den Unternehmen hinsichtlich der Prüfung der CSRD Berichterstattung besteht. Anschließend verdeutlichte er den Unterschied zwischen der aktuellen Praxis zur Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung, der freiwilligen (NFRD) Prüfung, und der künftigen CSRD Prüfung, einer verpflichtenden Prüfung mit (mittelfristig) hinreichender Sicherheit auf Basis von EU-Prüfungsstandards. Dabei ging er insbesondere auf den sich in Entwicklung befindlichen internationalen Prüfungsstandard ISSA 5000 ein.

Im Anschluss hatten die Teilnehmer bei der abschließenden Diskussionsrunde noch einmal die Möglichkeit, ihre verbleibenden Fragen an die Referenten zu adressieren. Hierbei wurden insbesondere die berechtigten Sorgen der Vertreter mittelständischer Unternehmen hinsichtlich der neuen, auf sie zukommenden Herausforderungen deutlich. Alle Referenten kamen dabei in einem Punkt überein: Jedes Unternehmen sollte zeitnah beginnen, sich mit dem Thema „Corporate Sustainability“ und insb. der Nachhaltigkeitsberichterstattung umfassend auseinanderzusetzen.

Zum Abschluss des Programms bedankte sich Herr Prof. Kirsch im Schlusswort herzlich bei den Referenten, den Teilnehmern sowie den Organisatoren der Tagung.

Bei einem anschließenden Get-Together im Foyer bestand für die Teilnehmer der Tagung die Möglichkeit, in lockerer Atmosphäre das Tagesgespräch Revue passieren zu lassen.