Digitaler Abendvortrag des MGK im SoSe 2021

Am 10. Juni 2021 fand der Abendvortrag des Münsteraner Gesprächskreises Rechnungslegung und Prüfung e. V. erstmals als digitale Veranstaltung über die Videokonferenz-Plattform Zoom statt. Als Referent konnte Herr WP/StB Prof. Dr. Jens Poll, Rechtsanwalt sowie Fachanwalt für Steuerrecht, gewonnen werden, der sich dem Thema „Der Wirecard-Fall und seine Folgen – auch für den Mittelstand?“ widmete. Herr Prof. Dr. Poll hat in Genf, Berlin und Cambridge Rechtswissenschaften studiert und ist heute Aufsichtsratsmitglied und Beirat in verschiedenen mittelständischen Unternehmen sowie Mitglied in zahlreichen nationalen und internationalen Gremien des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer, darunter die Wirtschaftsprüferkammer, das Institut der Wirtschaftsprüfer e. V. (IDW) und das International Ethics Standards Board of Accountants (IESBA).

Nach einer kurzen Begrüßung und Vorstellung des Referenten durch Herrn Prof. Dr. Kirsch fasste Herr Prof. Dr. Poll zu Beginn seines Vortrages den zeitlichen Ablauf des „Wirecard-Falls“ zusammen. Neben Informationen zu dem Unternehmen selber und den Umständen, die zur Aufdeckung des Bilanzbetrugs geführt hatten, ging Herr Prof. Dr. Poll auch auf die Rolle der Aufsichtsbehörden ein, die mit dem Unternehmen „Wirecard“ betraut waren.

Anschließend gab Herr Prof. Dr. Poll Einblicke in die Aufarbeitung des „Wirecard-Falls“. Nach einer kurzen Beschreibung des eingeleiteten Insolvenz- sowie Ermittlungsverfahrens thematisierte er vor allem den als Reaktion gebildeten parlamentarischen Untersuchungsausschuss. Der parlamentarische Untersuchungsausschuss wurde mit der Aufgabe betraut, das Verhalten der Bundesregierung sowie der ihr unterstehenden Behörden im Zusammenhang mit den Vorkommnissen um den „Wirecard-Fall“ aufzuarbeiten.

Des Weiteren erläuterte Herr Prof. Dr. Poll die Folgen des „Wirecard-Falls“ für den Wirtschaftsstandort Deutschland. Insbesondere wurde die Einführung des Finanzmarktintegritätsstärkungsgesetzes (FISG), das im Wesentlichen auf die Stärkung der Corporate Governance, auf Verschärfungen bei der Abschlussprüfung sowie auf die Ausweitung der Befugnisse der Aufsichtsbehörden abzielt, besprochen. So werden künftig beispielsweise durch die Anpassung der Haftungsgrenzen die zivilrechtliche Haftung des Abschlussprüfers verschärft sowie die Befugnisse der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) ausgeweitet. Zum Abschluss des Vortrages stellte Herr Prof. Dr. Poll die mittel- und unmittelbaren Folgen für die mittelständischen Wirtschaftsprüfungsgesellschaften heraus. Zu den unmittelbaren Folgen gehören neben der Haftungsverschärfung und dem Ansehen des Berufsstandes der Wirtschaftsprüfer auch die Ausdehnung der strafrechtlichen Vorschriften zu Bilanzdelikten, wobei die mittelbaren Folgen beispielsweise die steigende Bedeutung von internen Kontrollsystemen (IKS) und Risikomanagementsystemen (RMS) sowie die Sorgfaltspflichten von Organen umfassen.

Im Anschluss hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, sich über das referierte Thema auszutauschen. Dabei wurde insbesondere die künftige Stellung des Wirtschaftsprüfers sowie die mögliche Veränderung des Berufsbildes kritisch diskutiert. Herr Prof. Dr. Kirsch beendete den ersten digitalen Abendvortrag des Münsteraner Gesprächskreises mit einem ganz herzlichen Dank an den Referenten und alle Diskutanten.