Diskussionspapier des Instituts für Organisationsökonomik 3/2012

Rigor, wissenschaftliche und praktische Relevanz
Alexander Dilger
März 2012

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Zusammenfassung

„Rigour versus Relevance“ impliziert einen Gegensatz, der nicht existiert. Auch die übliche Gleichsetzung von Rigor mit Wissenschaft und Relevanz mit Praxis führt zu falschen Schlüssen. Stattdessen wird gezeigt, dass die Unterscheidung zwischen Rigor und Relevanz inner-halb der Wissenschaft möglich und nötig ist. Es besteht dann ein klar hierarchisches Verhältnis dergestalt, dass es in der Wissenschaft auf wissenschaftliche Relevanz ankommt, zu der Rigor beiträgt, jedoch auch andere Faktoren, die nicht zu vernachlässigen sind. Es wird eine wissenschaftsimmanente Tendenz zu mehr und mehr Rigor aufgezeigt, der möglichst entgegenzuwirken ist, ohne zu viel Rigor zu opfern. Zukünftig sollte die Diskussion jedenfalls hauptsächlich über die Charakteristika und Voraussetzungen möglichst guter Wissenschaft geführt werden, nicht als Scheingefecht unter Wissenschaftlern über mangelnden versus unmöglichen Praxisbezug.

Die praktische Relevanz stellt sich als eine zusätzliche Dimension dar, die weder identisch mit noch gegensätzlich zu wissenschaftlicher Relevanz ist. Beide können voneinander profitieren, wobei Rigor eher indirekt als direkt, nämlich vermittelt über die wissenschaftliche Relevanz, für die Praxis relevant wird, die mehr an den wissenschaftlichen Ergebnissen als der Art ihres Zustandekommens interessiert ist.

Private Unternehmen werden wegen des Kollektivgutcharakters öffentlichen Wissens vor allem für private oder schützbare Informationen zu zahlen bereit sein, was nicht dem öffentlichen Charakter von Wissenschaft, insbesondere an öffentlichen Universitäten und Forschungseinrichtungen, entspricht. Ein besonderes Problem ist das Rechtfertigungsinteresse von Praktikern einschließlich Politikern für vorher feststehende Positionen, welches die Wissenschaft zu korrumpieren droht und eine institutionalisierte Sicherung der Autonomie von Wissenschaftlern umso dringlicher erscheinen lässt.