Sommersemester 2019 (086278)

PD. Dr. Ulf Christian Ewert
Übung (086278): Homo oeconomicus, Homo ludens – historische Anwendungen der Spieltheorie
Mi, 08-10, Fürstenberghaus F 104

Weshalb kooperieren Personen, Unternehmen oder Staaten, und weshalb kommt eine solche Zusammenarbeit in manchen Fällen nicht zu stande, obwohl sie für alle Beteiligten von Vorteil wäre? Die Geschichtswissenschaft beschäftigt sich mit sozialem Handeln und der Kooperation von Akteuren in der Vergangenheit. Über das zugrundeliegende Handlungskalkül werden dabei in der Regel keine expliziten Annahmen gemacht, denn als Historiker verfügt man üblicherweise über kein eigenes theoretisches, spezifisch historisches Handlungsmodell. Genutzt werden kann aber das in den Sozialwissenschaften, insbesondere aber den Wirtschaftswissenschaften, gebräuchliche Modell des Rational-Choice. Sehr verkürzt ausgedrückt wird dabei davon ausgegangen, der Mensch handele als homo oeconomicus opportunistisch und habe stets im Sinne, zuallererst seinen eigenen Nutzen zu maximieren. Eine auf die Interaktion zwischen Menschen erweiterte Version dieses Konzeptes ist die Spieltheorie, mit der strategisches Handeln erklärt wird. Auch wenn mit Rational-Choice und Spieltheorie sicherlich nur ein kleiner Ausschnitt des menschlichen Wesens erfaßt wird, so erweist sich dieser theoretische Ansatz doch als äußerst nützlich in der Analyse historischer Kooperationsprobleme und ihrer Bedingungen. In der Veranstaltung wird daher in die Grundprinzipien der Spieltheorie eingeführt, und diese werden anhand typischer historischer Kooperationsprobleme erläutert, z.B. anhand der Bewirtschaftung der vormodernen Allmende, der Bereitstellung von öffentlichen Gütern wie Sicherheit oder Bildung durch den Staat, der Aushandlung und Garantie von internationalen Verträgen, der Verfaßtheit von Staatengemeinschaften wie der EU, der Bildung von nationalen und internationalen Unternehmenskartellen oder der in Form von Markt- und Planwirtschaft unterschiedlichen Ausgestaltung von Wirtschaftssystemen.
 

Literaturhinweise:

Robert H. Bates et al., Analytic Narratives, Princeton 1998. Morton D. Davis, Spieltheorie für Nichtmathematiker, 3. Aufl., München 1999. Avner Greif, The Fundamental Problem of Exchange: A Research Agenda in Historical Institutional Analysis, in: European Review of Economic History 4 (2000), 251–284. Manfred J. Holler, Gerhard Illing, Einführung in die Spieltheorie, 6. überarb. Aufl., Berlin, Heidelberg 2006. Christian Rieck, Spieltheorie. Eine Einführung, 15., überarb. Aufl., Eschborn 2016. Walter Schlee, Einführung in die Spieltheorie, mit Beispielen und Aufgaben, Wiesbaden 2004. Harald Wiese, Entscheidungs- und Spieltheorie, Berlin, Heidelberg 2002.

Diese Veranstaltung im HISLSF.