Alumni Story: Dr. Christian Böing

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Derzeit schließen jährlich rund 1.000 Absolvent: innen ihr Studium an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät erfolgreich ab. Zu den bekanntesten Absolventen zählt bis heute Dr. Christian Böing. Zuletzt war er CEO des Glasfaserausbauunternehmens Liberty Networks Germany. Bis zum Jahr 2020 war er Vorstandsvorsitzender der STRATO AG und stellvertretender Vorstandsvorsitzender der 1&1 IONOS SE. Derzeit ist er als Aufsichtsratsmitglied, Beiratsmitglied und selbstständiger Berater bei verschiedenen Unternehmen aktiv. Er berät insbesondere Private Equity Unternehmen bei M&A Projekten, und nimmt dabei beratende und gestaltende Rollen als Senior Advisor in den Aufsichtsgremien von Portfoliounternehmen ein. Der Fokus der selbstständigen Beratung liegt in den Bereichen „Go To Market Strategy“, „Value Creation Leadership Planning and Implementation“. Nach seinem Studium an der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Münster, das er als Diplom-Kaufmann abschloss, begann Christian Böing seine Karriere als wissenschaftlicher Mitarbeiter von Prof. Dr. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert am Marketing Center Münster. Zehn Jahre verbrachte er mit Studium und Promotion an der Fakultät. Im Interview blickt er auf diese Zeit zurück.

Was ist Ihre schönste Erinnerung an Ihre Zeit an der Uni Münster?

Es gibt drei prägende Erinnerungen: Von allen Vorlesungen ist mir sicherlich die Buchführungsvorlesung von Dr. Issel in meinem ersten Semester am meisten in Erinnerung geblieben. Noch heute finde ich bemerkenswert, wie Dr. Issel im Hörsaal H1 mit über 800 StudentInnen eine interaktive Veranstaltung zelebriert hat. Das Manuskript wurde vorab verkauft und lag damit jedem vor. Es reihten sich Inhalte und Übungen aneinander. Und Dr. Issel hat den Stoff so gut vermittelt, dass mit Zuhören und Mitmachen in der Vorlesung die Klausur zu bestehen war. Unvergessen sind auch die Momente, in denen Dr. Issel einzelne StudentInnen angesprochen hat: „Die Buchungsfreundin mit dem blauen Pulli dort oben, sagen Sie mal…“. Wer optisch auffiel, war selbst schuld und musste vor 800 Kommilitonen antworten. Ich habe mich in meinem ganzen Leben nie so unauffällig in Grau angezogen wie in der Buchführungsvorlesung. Eine bleibende Erinnerung ist zudem mein erster Fahrradstau: In der Orientierungswoche im ersten Semester haben wir die Mensa 1 am Aasee besucht. Und beim Rückweg Richtung Juridicum machte ich die Erfahrung, mit dem Fahrrad nicht mit der ersten Grünphase über die Kreuzung zu kommen, weil weit über 100 Fahrradfahrer an der Kreuzung anstanden. Wenn ich mich heute im Auto, Flugzeug oder Bahn auf Dienstreisen befinde, denke ich gerne an die Leichtigkeit des Münsteraner Verkehrs mit dem Fahrrad und die kurzen Wege zurück. Und ganz besonders war der Moment, in dem ich nach 9 Jahren in Münster von meinem Doktorvater, Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Heribert Meffert, die Promotionsurkunde erhalten habe. Es war der Abschluss einer langen, sehr intensiven, prägenden aber vor allem schönen Zeit in Münster.

Was war die wichtigste Lektion, die Sie während Ihres Studiums an der Uni Münster gelernt haben?

Aus heutiger Sicht war die wichtigste Lektion das damalige Pflichtfach „Rechnungswesen und Controlling (RWC)“. Ich habe damals verstanden (bzw. wurde dazu gezwungen), dass jedes unternehmerische Handeln sich in Ergebnissen, Zahlen, Daten, Fakten und einer Überleitung ins Rechnungswesen ausdrückt. Als Marketing-Experte schafft man den Sprung zur CEO-Position eines Unternehmens nur dann, wenn man diese Lektion verinnerlicht hat und lebt. Ich bin der festen Überzeugung, dass RWC bei mir die Grundlage dafür gelegt hat, ein sehr breites BWL-Verständnis entwickelt zu haben. Bei jeder Entscheidung sehe ich neben dem Markt-/Kundeneffekt immer auch den Finanzeffekt, z.B. die Effekte auf Liquidität, Risikoverteilung, Rückstellungen, Kosten, Unternehmenswert usw.

Welchen Ratschlag würden Sie unseren derzeitigen Studierenden mit auf den Weg geben?

Mein Ratsschlag für Studierende ist für Bachelor und Masterstudierende sehr unterschiedlich. Bachelorstudenten möchte ich den Ratschlag geben, dass (leider) auswendig lernen und Fleiß im Bachelorstudium eine größere Bedeutung für die Note haben als die Fähigkeit, alles im Detail zu verstehen. Wer die Hürde des Mathe-Scheins geschafft hat (und dort ist viel Verständnis gefragt), sollte schon früh genug im Semester mit dem Auswendiglernen anfangen, um gute Noten zu erzielen. Masterstudenten haben gegenüber „meiner Zeit“ den Vorteil, dass sie mit dem Credit Point System über die Zeit ihre Examensnote sammeln. Ich musste noch die fürchterlichen fünf finalen Examensklausuren am Ende meines Studiums schreiben. Das heutige System fördert den „Versteher“ und nicht nur den Fleißigen. Als heutiger Masterstudent würde ich meinen Schwerpunkt beim Credit-Sammeln auf das Verfassen und Vortragen von Seminararbeiten legen. Das Verfassen eines wissenschaftlichen Textes fördert das strukturelle und genaue Arbeiten. Wer komplexe Aufgaben zerlegen und nach und nach lösen kann, breitet sich bestens für die Unternehmenspraxis vor. Als Nebeneffekt sind die bei Seminararbeiten erreichbaren Noten i.d.R. besser als bei Klausuren.

Sie sind unserem Fachbereich auch durch ihre Mitgliedschaft im FB4 Advisory Board verbunden geblieben. Welche Aufgaben nimmt das Advisory Board wahr und wie erleben Sie die Zusammenarbeit?

Das Advisory Board berät den Dekan und die ProfessorInnen bei der Ausrichtung der Fakultät. Wir haben dort z.B. Dinge diskutiert wie „Englisch im Bachelorstudium“ oder „digitale Lehre versus Hybrid versus Präsenz“. Es hat ein wenig gedauert, bis wir den richtigen Arbeitsmodus gefunden haben und auch mit sehr konkreten Fragestellungen befasst haben. Die Mitglieder des Advisory Boards haben eine unfassbar hohe Identifikation mit dem Fachbereich und wollen mit ihrer Arbeit dazu beitragen, dass die Uni Münster eine Top Adresse für das Wirtschaftsstudium ist und bleibt. In den ersten Jahren haben wir eher „qualitativ“ diskutiert und beraten. Seit Kurzem sind wir deutlich mehr auf Daten fokussiert. Wir schauen uns Studierendenzahlen im Zeitverlauf an. Wir wissen welche Schwerpunktfächer besonders häufig gewählt werden, verstehen Durchfallquoten und Durchschnittsnoten und richten damit unsere Arbeit viel mehr an der messbaren Realität von Lehre und Wissenschaft aus. Meinungen kann man viele haben, aber Fakten lassen sich nicht wegdiskutieren. Inwieweit die ProfessorInnen unseren Rat annehmen und Taten folgen, wird sich erst mittelfristig zeigen. Ich habe aber das Gefühl, dass wir auf großes Verständnis stoßen.

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