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NIM-Publikation von Jun.-Prof. Dr. Raoul Kübler beleuchtet dunkle Seiten des digitalen Marketings

In seiner jüngsten Veröffentlichung „Metrics gone wrong: What managers can learn from the 2016 presidential elections“, erörtert Raoul Kübler vom Marketing Center Münster gemeinsam mit seinem Kollegen Koen Pauwels von der Northeastern University, Boston USA, inwiefern das Vertrauen auf verzerrte Marktinformationen und der Fokus auf die falschen Key Performance Indikatoren (KPI) das Ergebnis der Präsidentschaftskampagne der demokratischen Kandidatin Hillary Clintons im Zuge der US-Wahl 2016 beeinflusst haben.

Die beiden Marketing-Wissenschaftler argumentieren, dass eine einseitige Konzentration auf traditionelle Umfragewerte, die lediglich die Präferenz für oder gegen eine Kandidatin oder einen Kandidaten, nicht aber die Absicht zur Wahlbeteiligung in Betracht ziehen, zu verkürzten Schlussfolgerungen geführt haben. Während die Ergebnisse dieser traditionellen Umfragen die Wahlkampfleitung in dem Glauben bestärkten, dass Desinformationskampagnen und Gerüchte ihrer Präsidentschaftskandidatin im Hinblick auf das Wahlergebnis nicht schaden würden, zeigten probabilistische Umfragen sowie andere Messgrößen gegenteilige Ergebnisse.

Die Autoren weisen ferner darauf hin, dass Entscheidungsumgebungen, die sich durch einen Reichtum an Daten auszeichnen, – wie etwa politische Kampagnen – für das Management nicht nur Chancen, sondern auch ernsthafte Risiken bergen. Eine überaus umfangreiche Datenbasis kann zum Nachteil werden, da Manager mit immer komplexeren Entscheidungssituationen konfrontiert sind, in denen die Identifikation der richtigen KPIs eine besondere Herausforderung darstellt. In diesem Zusammenhang beenden Manager oftmals ihre Informationssuche, sobald eine Datenquelle vorgefasste Annahmen stützt, ohne dass sie die Quelle auf Zuverlässigkeit und Validität prüfen. Dies kann jedoch – wie die demokratische Präsidentschaftskampagne im Kontext der US-Wahl 2016 gezeigt hat – fatale Folgen mit sich bringen.

 Um von einer reichen Datenbasis profitieren zu können, regen die Wissenschaftler an, Datenquellen zu hinterfragen und Effekte über Variablen aus verschiedenen Quellen hinweg zu vergleichen. Vor diesem Hintergrund hätte die Berücksichtigung nutzergenerierter Daten im US-Wahlkampf dazu beitragen können, viele Umfragen, die Hillary Clinton in einem komfortablen Vorsprung sahen, zu bestätigen oder in Frage zu stellen. Diskussionen in den sozialen Medien zeigten nämlich schon früh, dass der republikanische Kandidat Donald Trump eine größere Unterstützung hinter sich versammeln konnte als von den meisten Meinungsforschungsinstituten vorausgesagt wurde. Durch die Identifikation derartiger Diskrepanzen können Entscheidungsträger auf verzerrte Umfrageergebnisse aufmerksam werden.

Das Problem unzuverlässiger KPIs ist indes nicht auf den politischen Kontext beschränkt ist, sondern auch in der Geschäftswelt weit verbreitet. Oft stehen Marketing-Manager vor ähnlichen Problemen, da sie zwischen verschiedenen Datenströmen und -quellen wählen müssen, wenn sie Strategien entwickeln und komplexe Entscheidungen treffen, wie z. B. bei der Auswahl geeigneter Segmente oder im Zuge der Positionierung von Produktmarken.

In ihrem NIM-Artikel entwickeln Raoul Kübler und Koen Pauwels einen Orientierungsrahmen, der Entscheidungsträgern helfen soll, ihre Entscheidungen nicht an verzerrten Informationen festzumachen, sondern stattdessen zuverlässige und valide KPIs zu entwickeln. Sie schlagen vor, dass Marketing-Manager bei der Auswahl und Bewertung von Datenquellen eine ganzheitliche, kritische Perspektive einnehmen sollten. Die Autoren weisen außerdem darauf hin, dass die Marketingtheorie eine hilfreiche Orientierungshilfe im Kontext derartiger Entscheidungsprobleme sein kann. Sie bietet detailliertes Wissen darüber, wie sich bestimmte Variablen und Datenquellen zueinander verhalten und wie sich verschiedene Variablen gegenseitig beeinflussen können. Dieses Wissen kann als Prüfstein für neue Datenquellen dienen.

Der Artikel ist im Journal Marketing Intelligence Review (MIR) des Nürnberger Instituts für Marktentscheidungen (NIM, früher bekannt als GfK) erschienen. Die MIR-Ausgaben sind bekannt dafür, dass sie Beiträge führender Expertinnen und Experten bündeln, um neueste Erkenntnisse aus ihrer Forschung abzuleiten.

Die aktuelle Ausgabe „Dark Sides of Digital Marketing“ wird u.a. von Caroline Wiertz von der Thomas Bayes Business School der City University of London herausgegeben und enthält Artikel von führenden Marketingwissenschaftlerinnen und -wissenschaftlern wie Anja Lambrecht (London Business School), Klaus Wertenbroch (INSEAD), Catherine Tucker (MIT), Douglas Rushkoff (Queens College New York) und Felipe Thomaz (University of Oxford).

MIR ist eine Open-Access-Publikation mit Artikeln in deutscher und englischer Sprache. Die aktuelle Ausgabe finden Sie hier.